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ORCHIDEEN EUROPAS Exkursionsberichte |
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Unterwegs in den AbruzzenTeil II - Ein Youngster, komische Spinnen und viele Hybriden29. Mai 2001Dr. Helmuth Zelesny, Börtlingen |
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Auch der nächste
Tag beginnt sonnig. Es scheint so, als hätten wir mächtig Glück mit dem
Wetter bei dieser Exkursion. Um diese Jahreszeit und mitten in den Bergen
ist das nicht selbstverständlich. Genauso gut könnte es regnerisch und
kühl sein. Diesmal fahren wir ein kleines Stück Richtung Norden um uns
in der Hochebene umzusehen. Überraschend häufig ist hier Orchis morio.
Besonders beeindruckend aber sind die Narzissen, die in voller Blüte stehen
und ein stattliches gelbblühendes Läusekraut mit verhältnismäßig großen
Blüten und Hochblättern. Nachdem Pignattis Flora d'Italia sollte es sich
um Pedicularis hoermanniana handeln. Weitere Orchideenarten sind Orchis
purpurea (vereinzelt, blühend), Dactylorhiza incarnata (zerstreut, blühend-aufblühend)
und Orchis mascula (zerstreut, blühend-verblühend).
Weiter unten lichtet sich der Wald wieder. Auf Höhe eines Betonwerkes stellen wir den Wagen bei einem Brunnen ab, um uns den Hang links der Straße anzusehen. Hier hatte Aldo schon etwas ganz besonderes gefunden, nämlich Ophrys majelensis. Das ist eine erst 1997 beschriebene Art aus dem Ophrys incubacea-Komplex. Der Weg führt nach wenigen Minuten auf eine erste Terrasse, wo wir zu unserer großen Freude tatsächlich überraschend schnell fündig werden. Einige wenige Exemplare haben zu blühen begonnen, die Mehrzahl steht jedoch erst in Knospen. Und da sind wir auch schon bei der Besonderheit dieser Art. Sie blüht nämlich sehr spät, wenn andere Spinnen längst völlig verschwunden sind. Schon allein deshalb scheint der Artstatut berechtigt. Darüber hinaus gibt es weitere, wenn auch nicht sehr auffällige Unterschiede zu anderen Vertretern des shegodes-Formkreises. Die meisten Exemplare, die wir finden, stehen hier. Weiter oben in den Wiesen entdecken wir nur an einer weiteren Stelle nochmals zwei Pflanzen. Es sollen schon an die 1.000 Pflanzen hier geblüht haben! Da wir etwas früh dran sind, werden es 10 Tage später möglicherweise deutlich mehr sein. Es kann auch sein, dass dieses Jahr nicht allzu günstig ist für diese Art, die übrigens Orchidee des Monats März 2002 war. Weiter oben, in einem mit Bäumen bestockten Hangquellmoor, entdecken wir dann noch einen schönen Bestand von Dactylorhiza saccifera. Mit 17 Arten gehört dieser Biotop zu den artenreichsten unserer Reise: Ophrys majelensis (ca. 50 Ex., aufblühend-knospend), Anacamptis pyramidalis (vereinzelt, aufblühend), Aceras anthropophorum (zerstreut, blühend), Ophrys bertolonii (zerstreut, blühend), Ophrys sphegodes (vereinzelt, verblüht), Orchis purpurea (wenige, verblüht), Orchis tridentata (vereinzelt, verblüht), Serapias parviflora (zerstreut, blühend), Ophrys holoserica (zerstreut, blühend), Ophrys apifera (wenige, blühend), Ophrys funerea (verbreitet, blühend), Gymnadenia conopsea (vereinzelt, blühend-knospend), Coeloglossum viride (vereinzelt, blühend), Ophrys fusca mittelgroß (vereinzelt, verblühend), Ophrys holoserica versus apulica (wenige, blühend), Platanthera bifolia (zerstreut, blühend) und Dactylorhiza saccifera (ca. 70 Ex., blühend-knospend). Nachdem wir uns ausgiebig umgesehen haben, fahren wir in Serpentinen hinauf Richtung Berge. Bei einem schattigen Plätzchen machen wir Mittag. Wir sind in einem ausgedehnten Wiesengelände mit zahlreichen Orchideen, immerhin in einer Höhenlage von über 1.100 Metern, was man kaum glauben würde, insbesondere wegen der Sauhitze hier. Und natürlich sehen wir uns bei der Gelegenheit auch näher um und finden wieder einiges. Dominik meint gar, eine Ophrys majelensis gefunden zu haben. Ganz daneben ist das nicht, denn er hat relativ dunkelblütige Ophrys sphegodes gesehen, die der Ophrys majelensis doch recht ähnlich sehen. Es ist ein wirklich interessantes und großes Gelände, auf dem man vielleicht noch einige Überraschungen finden könnte. Wir jedenfalls notieren: Orchis morio (häufig, verblüht-verblühend), Gymnadenia conopsea (zerstreut, blühend-knospend), Anacamptis pyramidalis (zerstreut, knospend), Ophrys sphegodes (wenige, verblühend-blühend), Ophrys holoserica (zerstreut, blühend), Coeloglossum viride (vereinzelt, blühend), Aceras anthropophorum (zerstreut, blühend), Orchis tridentata (vereinzelt, verblühend), Ophrys bertolonii (zerstreut, blühend), Dactylorhiza sambucina (zerstreut, verblüht), Cephalanthera longifolia (vereinzelt, blühend) und Platanthera bifolia (vereinzelt, blühend). Wir haben uns schon über den guten Ausbauzustand der Straße gewundert. Zu was braucht man eine solche Autobahn mitten hinein in die Berge? Nachdem wir nach weiteren 1,4 Kilometern am Ende der Straße angelangt sind, wissen wir warum. Dort steht nämlich die Tatstation eines Schilifts. Nur für die Schifahrer also hat man diese Piste gebaut, und natürlich auch für Orchideensucher. Die werden auch gleich wieder tätig und finden im Wald schöne Cephalanthera damasonium. Am Straßenrand stehen zwei Exemplare mit creme-hellgelben Blüten, was außergewöhnlich ist für diese Art. Mittlerweile ist es fast unerträglich heiß geworden, sogar in dieser Höhe. Wir fahren wieder zurück. Als wir an der Auffahrt auf der anderen Talseite einen größeren Bestand blühender Waldhyazinthen sehen, halten wir wieder. Die Artenvielfalt ist zwar nicht hoch, aber dafür ist der Massenbestand an Platanthera bifolia beeindruckend. Etwas weiter sehen wir uns dann wieder etwas näher um. Die Magerwiesen hier sind nämlich sehr artenreich. Interessant sind insbesondere die Spinnen, die hier eine sehr helle, orange gefärbte Narbenhöhle haben. Sehr ungewöhnlich ist das. Sie sehen gerade so aus wie die kleinblütigen Ophrys mammosa ("pseudomammosa"), die wir im April auf Griechenland gefunden hatten. Würde man ein Dia von dieser Pflanze in einem Griechenlandvortrag zeigen, es würde bestimmt niemand merken. So ist das halt mit den Orchideen. Insgesamt ist Aldo aber eher enttäuscht. Beim letzten Besuch hatte er hier über 100 Exemplare gezählt. Diesmal finden wir gerade mal 2 Stück. Die Orchideenliste ist wieder beeindruckend: Ophrys fusca mittelgroß (wenige, aufblühend), Orchis morio (zerstreut, verblüht), Ophrys bertolonii (zerstreut, blühend), Ophrys funerea (zerstreut, blühend), Orchis simia (wenige, verblüht), Platanthera bifolia (zerstreut, blühend), Gymnadenia conopsea (vereinzelt, knospend), Coeloglossum viride (vereinzelt, blühend), Listera ovata (vereinzelt, blühend), Ophrys apifera (wenige, blühend), Ophrys sphegodes, orangefarbene Narbenhöhle (2 Ex., blühend), Orchis ustulata (vereinzelt, blühend), Orchis mascula (vereinzelt, verblühend-verblüht), Orchis laxiflora (wenige, blühend), Ophrys holoserica (zerstreut, blühend) und Orchis purpurea (wenige, verblüht). Wir fahren weiter. Auf relativ ebenem Gelände in über 1.000 Metern über dem Meer haben sich unweit eines Hauses kleine, sumpfige Stellen entwickelt. Dort finden wir eine recht ansehnliche Zahl an Orchis laxiflora. Die Pflanzen selbst sind zum überwiegenden Teil schon im Abblühen, sogar in dieser Höhe. Interessant sind auch einige aufblühende Dactylorhiza saccifera und 3 Ophrys holoserica, die einer Ophrys scolopax täuschend ähnlich sehen. In den beständen findet man immer wieder solche Ausreißer mit stark zurückgebogenen Lippenrändern. Da darf man sich nicht täuschen lassen. Es ist nicht Ophrys scolopax, sondern "nur" versus scolopax. Wir fahren hinunter ins Tal weiter und von dort wieder auf landschaftlich schöner Strecke wieder in die Berge. Wir wollen sehen, ob wir in dieser Gegend noch was interessantes entdecken können. Von hier haben wir auch eine interessante, allerdings sehr vage Standortsangabe, die uns allen neu ist. Wir halten in der Auffahrt, weil der schmale Straßenrand voller Orchideen steht. Tatsächlich findet man hier auf kleinem Raum eine unglaubliche Artenvielfalt. Interessant sind zwei Spinnen, die tatsächlich auf den ersten Blick sehr an Ophrys promontorii erinnern. Bei genauerer Betrachtung und in Kenntnis der "echten" promontorii kommt man zum Schluss, dass es etwas ungewöhnliche Spinnen sind. Nur wenig weiter liegt links eine kleine Weidefläche. Und was wir dort zu sehen bekommen, hätten wir uns nicht träumen lassen. Alles voller Orchideen. Aber das beste sind an die 25 herrliche Hybriden zwischen Ophrys bertolonii und Ophrys holoserica, eine schöner als die andere. Bei zwei Exemplaren dürfte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit sogar um Hybriden zwischen Ophrys bertolonii und Ophrys sphegodes handeln. Wir sind so aus dem Häuschen, dass ich versehentlich auf meine Sonnenbrille knie, was einen Totalschaden zur Folge hat. Zum Glück war das Teil nicht sonderlich teuer. Und überhaupt: Die Sonne ist sowieso schon untergegangen. Weil es schon recht spät ist, können wir die Pracht nicht so richtig genießen. Das stört schon mehr. Bei unserem 30 minütigen Aufenthalt verknipse ich 2 Filme und notiere: Ophrys bertolonii (häufig, blühend), Ophrys funerea (zerstreut, blühend), Orchis morio (vereinzelt, verblüht), Himantoglossum adriaticum (vereinzelt, blühend), Gymnadenia conopsea (zerstreut, aufblühend), Orchis purpurea (vereinzelt, verblüht), Ophrys sphegodes (vereinzelt, blühend-verblühend), Orchis ustulata (vereinzelt, verblühend), Dactylorhiza saccifera (wenige, blühend), Listera ovata (vereinzelt, knospend-aufblühend), Ophrys holoserica (zerstreut, blühend), Orchis mascula (vereinzelt, verblühend-verblüht), Aceras anthropophorum (zerstreut, blühend), Ophrys insectifera (wenige, blühend), Ophrys bertolonii x Ophrys holoserica (zerstreut, blühend) und Ophrys bertolonii x Ophrys sphegodes (2 Ex., blühend). Es ist 19.30 Uhr, wir fahren zügig Richtung Hotel. So kann es gehen: Man sucht einen Standort aus der Literatur, den man wegen der vagen Angabe nicht findet. Dafür entdeckt man selbst einen der schönsten Flecken der ganzen Reise. Überhaupt sollte man viel mehr selbst auf Suche gehen. Aber so ist das halt: Man hat doch wenig Zeit und viele Hinweise. Da konzentriert man sich dann eben auf die bekannten Stellen. Bei der Rückfahrt von Gamberale nach Westen auf die SS 84 queren wir wieder herrliche Buchenwälder. Schon in der Vorbeifahrt erkennen wir Orchideen, meist am Straßenrand und in kleinen Lichtungen, so zum Beispiel Orchis mascula, Dactylorhiza sambucina in gelb und rot, Cephalanthera damasonium, Dactylorhiza saccifera, Platanthera bifolia, Orchis purpurea und Neottia nidus-avis. Hier sollte man wirklich mal etwas ausgiebiger suchen. Nach 127 Kilometern Fahrt sind wir wieder im Hotel, wo das Duschen heute in anbetracht des Bärenhungers etwas kurzer ausfällt als sonst. Und gut schlafen werden wir auch heute wieder. So eine Exkursion ist nämlich doch ziemlich anstrengend, auch wenn das viele beim Betrachten der schönen Bilder und Landschaften gar nicht glauben wollen. |
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