ORCHIDEEN EUROPAS

Exkursionsberichte
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Griechenland -

Im Land der Götter

Teil III - Besonderes zum Osterfest

vom 14. bis 27. April 2001

Dr. Helmuth Zelesny, Börtlingen

 

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Offensichtlich hat sich der liebe Gott durch die Böllerei in der Nacht auch eher gestört als geschmeichelt gefühlt. Wie sonst sind die morgendlichen Donnerschläge zu erklären, die uns jäh aus dem Schlaf reißen. Und dann geht's los, ein Gewitter mit sintflutartigen Regenfällen begleitet uns während des Frühstücks, das wir trotzdem oder gerade deswegen in aller Ruhe genießen. Heute können wir getrost später wegfahren, versäumen werden wir bei dem Wetter nichts. Es kann nur noch besser werden. Nachdem das Gewitter vorbeigezogen ist, entschließen wir uns zu etwas Kultur. Das absolut sehenswerte Mykene liegt zwar runde 100 Kilometer nordöstlich, ist aber gut über die Autobahn zu erreichen. Voller Erwartungen fahren wir los, immer wieder begleitet von Regenschauern der abziehenden Gewitterfront.

Keine andere Stadt der Welt ist mit so viel Sagen umgeben wie Mykene. Nach der Überlieferung gab Perseus, Sohn des Zeus dem Ort seinen Namen, weil an dieser Stelle seine Schwertscheide (=Mykis) zur Erde fiel, was er als Zeichen wertete, dort eine Stadt zu errichten. Weltberühmt sind nach den Ausgrabungen des Heinrich Schliemann das Löwentor und die Königsgräber. Wir sind doch verwundert, dass offensichtlich recht wenige Besucher heute nach Mykene fahren. Als wir dort ankommen, wird klar warum: Heute geschlossen wegen Ostern. Das darf doch nicht wahr sein! Jetzt sind wir 100 Kilometer gefahren (und müssen nochmals 100 zurückfahren) ganz umsonst. Nix mit Kultur. Das enttäuscht uns doch sehr. Auch wenn Ostern das höchste orthodoxe Fest ist, ist es schwer begreiflich, dass ein solches weltweit bekanntes Kulturerbe geschlossen ist. Zum Glück schaffen heute auch die Autobahnmautkassierer nichts, so dass dieser Ausflug wenigstens kein weiteres Geld gekostet hat, vom verfahrenen Benzin natürlich abgesehen.

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Nach dieser Pleite wenden wir uns wieder den Orchideen zu, die uns auch an Sonn- und Feiertagen zur Verfügung stehen und erfreuen, ja nicht mal Eintritt verlangen. Die hübsche, aber seltene Ophrys hebes steht auf dem Programm. Um sie zu finden, müssen wir in die Berge, denn die Art ist bislang nur aus größeren Höhen bekannt. Wir fahren also gen Süden Richtung Sparti. Aber das Wetter spielt nicht so recht mit. Ein kalter, böiger Nordwestwind treibt immer wieder Regenschauer mit fast unglaublicher Geschwindigkeit über die Berge. Wenn dann die Sonne doch für wenige Minuten durchdringt, erscheinen die Regenwolken umso bedrohlicher. Abschrecken lassen wir uns dadurch freilich nicht. Mit der Maximalexkursionsbekleidung Grundausstattung + Pullover + Daunenjacke + Multifunktionsweste + Regenschirm + Gummistiefel + Taschentücher (auch zum Abtupfen der dicken Wassertropfen von den Blüten) + Plastiktüte (zum drauf knien) marschieren wir los und werden auch hier zunächst enttäuscht. Die beschriebenen Flächen sind in den vergangenen 15 Jahren weitgehend zugewachsen, und nur auf sehr kleinen offenen Wiesenresten haben einige wenige Orchideen überdauert. Natürliche Sukzession nennt man das. Nichts bleibt durch Nichtstun wie es ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Die ersten Ophrys hebes finden wir auf einer relativ neuen Aufschüttung am Straßenrand unterhalb der Straße, entstanden durch Verlegung von Versorgungsleitungen. Ophrys hebes ist eine relativ spät blühende Art. Umso mehr sind wir erstaunt, dass die Exemplare hier ziemlich aufgeblüht, die untersten Blüten sogar bereits meist vertrocknet sind. Dennoch wird fotografiert, trotz Regen. Mit Blitzlicht geht das sogar recht gut, auch wenn es oft zu unerwünschten Reflexen des Blitzlichtes in den Wassertropfen kommt. Aber es ist in der Natur halt so, nicht immer scheint die Sonne. Für die Aufnahmen ohne Blitz müssen wir allerdings die kurzen Aufhellungen abwarten, zudem noch auf eine kurze Windstille hoffen, was ordentlich an unseren Nerven zerrt. Weil wir schon mal hier sind, suchen wir auch noch den etwas windgeschützteren Waldrand oberhalb der Straßenböschung ab. Und dort stehen dann rund ein Dutzend sehr schöne Exemplare, infolge des Schattens auch in optimalem Blühzustand. 2-3 Filme gehen da für die für uns neue Art schon drauf, dann sind die unterschiedlichsten Farb- und Formvarietäten von Ophrys hebes aber auch andere interessante Motive wie z.B. die schönen blauen Iris, im Kasten. Besonders freuen wir uns übrigens noch über die schönen Wildtulpen in und besonders am Rand der Getreidefelder in der Talebene. Auch wenn sie wegen des schlechten Wetters geschlossen sind (wie Mykene!), ihre Zeichnung ist besonders schön. Es dürfte sich um die Subspezies sylvestris handeln.

 

 

 

 

 

 

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Im Wald finden wir neben Neotinea maculata auch Ragwurzrosetten, die aber vermutlich wegen zu starker Beschattung alle steril sind. Wir vermuten Ophrys hebes. Eindeutig an den gefleckten Blättern sind die Rosetten von Orchis provincialis zu erkennen, zumal wir nach einiger Suche auch 2 blühende Pflanzen entdecken. Bei zwei Exemplaren vermuten wir Hybriden zwischen Ophrys hebes und Ophrys spruneri. Wir kehren um und fahren wieder in die Richtung aus der wir gekommen sind. Aber ganz langsam, so dass wir im Vorbeifahren die schönen Ophrys hebes oberhalb der Straßenböschung nicht übersehen können. Nochmals steigen wir aus und durchforsten den hier offeneren Hang. Zumindest für diesen Standort gilt: Ophrys hebes fühlt sich im Halbschatten besonders wohl und entwickelt sich auf offenem Gelände und im dunkleren Wald längst nicht so gut. Im Verlaufe unserer Suche hat sich das Wetter deutlich gebessert. Die Sonne gewinnt zunehmend an Boden. Geblieben allerdings ist der böige, kalte Wind. Dafür sind die Blüten der Wildtulpen nun etwas weiter geöffnet.

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Kurz vor einer scharfen Linkskurve erkennen wir rechts in einer Ödlandfläche mit vernachlässigten Kirschbäumen zuerst schöne Wildtulpen, so dass wir langsam weiterfahren und genauer hinsehen. Dabei fallen uns auch rotviolette Blütenkerzen auf. Spontan fällt uns dazu Orchis morio ein. Die aber gibt's ja hier gar nicht, sondern allenfalls Orchis boryi. Klar, dass wir uns das näher ansehen müssen. Und tatsächlich, ein schöner Bestand von an die 200 Orchis boryi in allen Blühzuständen von knospend bis voll erblüht. Dass wir diese für uns ebenfalls neue Art heute auch noch finden würden, damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet. Unsere Begeisterung wird auch dadurch nicht geschmälert, dass es die einzige Orchideenart hier ist.

Als wir bei der Rückfahrt nur wenig weiter einen noch größeren Bestand dieses Knabenkrauts entdecken, sind wir vollends aus dem Häuschen. Sogar ein rosa blühendes Exemplar ist darunter, ein weißes allerdings nicht. Aber wir sind trotzdem hoch zufrieden. Es handelt sich um einen aufgelassenen Acker direkt rechts der Straße. Offensichtlich wird die Art durch eine sehr extensive Nutzung sogar noch gefördert. Die Pflanzen stehen stellenweise dicht an dicht, deutlich über 500! Kaum zu glauben, dass wir diesen Platz bei der Hinfahrt übersehen hatten. Wahrscheinlich waren wir zu sehr auf Ophrys hebes fixiert.
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