ORCHIDEEN EUROPAS

Exkursionsberichte
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Griechenland -

Im Land der Götter

Teil IX - Im Schneesturm

vom 14. bis 27. April 2001

Dr. Helmuth Zelesny, Börtlingen

 

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Der Tag fängt nicht so gut an. Es ist kühl und draußen schüttet es in Strömen. Da freut man sich auf den warmen Kaffe, während draußen das Wasser gurgelnd die Dächer runterstürzt. Wenn man denn einen kriegt. Denn: Wir stehen vor der verschlossenen Restauranttüre des Hotels. Dort, wo gestern noch der Bär los und alles voller Leben und Tabakqualm war, herrscht gähnende Leere. Auch der Fernseher, der Abends zuvor noch mitgebrüllt hatte, schweigt. Bei dem miesen Wetter bleibt man wohl lieber im Bett. Wir warten eine dreiviertel Stunde, bis endlich jemand kommt und uns ziemlich lustlos ein Frühstück serviert. Nachdem wir bezahlt haben, werden die Koffer eingeladen, in Parka und Gummistiefeln, denn es schüttet nach wie vor. Und es ist verdammt kalt. Nachdem wir dem Wirt erzählt haben, dass wir in die Berge fahren möchten, rät er uns dringend ab, denn es würde dort oben schneien. Na das kann ja heiter werden.

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Bei dem Dauerregen können wir während der Abfahrt kaum etwas erkennen rechts und links der Straße. Auf einer Fläche aber leuchten uns die Schmetterlinge entgegen. In Gummistiefeln und mit Regenschirm wird die erste Aufnahme an diesem Tag gefertigt. Spektakuläres ist nicht dabei. Auch hier aber immer wieder Ophrys helena. Wir sehen uns noch auf einigen Flächen um, während der Regen langsam nachlässt. An einem größeren Parkplatz rechts der Straße finden wir ein ideales Plätzchen für eine kleine Mittagspause, der Magen knurrt nämlich schon wieder. Kein Wunder, das Frühstück war eher light. Bei der Gelegenheit entdecken wir links der Straße einige blühende Orchis italica. Mit dem Vesperbrot in der einen und einer Gurke in der anderen Hand steigen wir die kleine Böschung links der Straße hinauf, und was wir dann auf einer Fläche von vielleicht 50 x 20 Metern zu sehen kriegen, können wir kaum fassen. Nicht nur, dass hier gerade einige Pflanzen einer spätblühenden "Spinne" in Knospen stehen (später bestimmen wir sie - mit Vorbehalt - als Ophrys epirotica).

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Auch eine Hybride zwischen dieser Art und Ophrys mammosa ist dabei. Außerdem finden wir einige Ophrys helenae mit herrlich rosa Perigon, wobei eine Einkreuzung von Ophrys ferrum-equinum denkbar wäre. So viele Orchideen-Diversität auf so kleinem Platz, kaum zu glauben. Wir finden: Ophrys helenae (zerstreut, blühend), Orchis morio (vereinzelt, blühend), Ophrys mammosa (vereinzelt, verblüht), Ophrys ferrum-equinum (vereinzelt, blühend), Ophrys cf. epirotica (wenige, knospend), Serapias bergonii (vereinzelt, blühend), Serapias lingua (vereinzelt, blühend), Ophrys oestrifera (wenige, blühend), Orchis italica (wenige, blühend), Anacamptis pyramidalis (wenige, knospend), Ophrys sicula (wenige, blühend), Ophrys attica (wenige, blühend), Orchis lactea (wenige, verblüht), Ophrys mammosa x Ophrys cf. epirotica (Einzelex., aufblühend), Ophrys ferrum-equinum x Ophrys helenae ??? (ca. 5 Ex., blühend).

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Jetzt geht es endgültig gen Osten, Richtung Metsovo. Die für uns optimale Verbindung geht über den Katarapass, den wir jetzt ansteuern. Kurz nach dem schön an einem See gelegen größeren Ort Masia beginnt die Auffahrt. Und dort steht zu unserem Entsetzen eine Tafel aufgeklappt, die unmissverständlich sagt: Weiterfahrt nur mit Winterausrüstung. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Wir sind verunsichert, halten und beobachten den Verkehr. Nachdem wir sehen, dass alle, auch die alten klapprigen griechischen Reisebusse mit ihren abgefahrenen Sommerreifen unbeeindruckt weiterfahren, denken wir, was soll's und fahren ebenfalls weiter.

Die Straße steigt kontinuierlich an und wir beobachten auf dem GPS, wie wir uns Meter um Meter höher schrauben. Langsam geht der Regen in Schneeregen über, dann schneit es heftig. Wir hoffen, dass es nun nicht mehr weit hinaufgeht. Einige Kurven weiter liegt Schneematsch auf der Straße. Und noch ein paar Kurven und wir merken am Fahrgeräusch, dass der Untergrund gefroren ist. Der vor uns fahrende deutsche Omnibus, der übrigens auch keine Winterreifen drauf hat - was uns beruhigt -, wird immer langsamer, bis er schließlich ganz stehen bleibt. Das GPS zeigt 1650 Meter, es fehlen also noch rund 50 Meter bis zur Passhöhe. Nichts geht mehr. Wir stecken in einem richtigen Schneesturm fest, der nicht nur den Bus zum Schaukeln bringt, sondern auch an unserem kleinen Wägelchen kräftig rüttelt. Die Sicht ist gleich Null, der Schnee kommt waagrecht daher, langsam frieren die Scheibenwischer vorn und hinten fest und die Schneedecke auf der Straße wird zusehends höher. Auf der anderen Straßenseite kommen uns schon längst keine Autos mehr entgegen. Das war's dann fürs erste.

 

 

 

 

 

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Viel kann uns nicht passieren, wir haben einen fast vollen Tank und so dürfte die Heizung so schnell nicht ausgehen. Wenn's ganz schlimm kommt, werden die im Reisebus schon noch zwei Plätzchen übrig haben. Wir nutzen die Gelegenheit, endlich unsere Postkarten zu schreiben und uns mal telefonisch vom Weltuntergang zu melden. Es dauert mehr als eine Stunde, bis uns ein Schneepflug entgegenkommt, die ersten Fahrzeuge im Schlepptau. Wir fotografieren das Schlamassel noch und können uns kaum auf den Beinen, geschweige denn den Fotoapparat ruhig halten. Dann geht's auch auf unserer Seite langsam weiter. Gut, dass wir keinen schweren Wagen mit Heckantrieb haben. Wahrscheinlich wären wir nicht losgekommen. Die kleinen Räder unseres leichten Twingo werden mit der glatten Straße aber gut fertig. Nur wenige 100 Meter waren wir von der Passhöhe entfernt. Die andere Spur ist schon wieder durch einen querstehenden Lastwagen blockiert. Wir aber haben Glück und fahren wieder hinunter. Kurz nach dem Pass, im Regenschatten, ist die Straße wieder trocken und ins Tal scheint die Sonne. Es ist schon unglaublich: Gerade noch haben wir dem Winter getrotzt und eine halbe Stunde später sind wir wieder im Frühling und stehen im Hemd auf der Terrasse des Hotels Trigona im 809 Meter hoch gelegenen gleichnamigen Ort, wo wir freundlich empfangen werden.
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