Ophrys marzuola
Ph. Geniez, F. Melki, R. Soca 2002

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Blüte, 10.3.2002, Perpignan (F)


Diesmal haben wir es bei der Orchidee des Monats mit dem jüngsten Kind von www.orchis.de zu tun. Gerade erst beschrieben, ist die Literatur über Ophrys marzuola (noch) entsprechend dürftig. Mit "harten Fakten", wie sie das von der Orchidee des Monats gewöhnt sind, können wir deshalb kaum aufwarten. Stattdessen wollen wir ihnen mit etwas Prosa diese Art näher bringen.

Wer von unseren Orchideenfreunden schon im März an die französische Mittelmeerküste gefahren ist hat dies wahrscheinlich auch wegen Ophrys arachnitiformis getan. Zur Erinnerung: Es ist noch gar nicht so lange her, da waren alle spinnenähnlichen Pflanzen mit farbigem Perigon zu Ophrys arachnitiformis gestellt, wahrscheinlich deshalb weil man nicht so recht wusste, was man damit anfangen sollte. Dementsprechend gab es Ophrys arachnitiformis in Frankreich, Italien und noch so an manch anderen Stellen. Zwischenzeitlich haben sich die Systematiker näher mit den buntsepaligen "Spinnenähnlichen" beschäftigt. Das Ergebnis waren einige "neue Arten" innerhalb der Gruppe "Ophrys exaltata", z.B. Ophrys archipelagi an der adriatischen Meerseite und Ophrys montis-leonis am gegenüberliegenden tyrrenischen Meer. Eben auch dazu gehört Ophrys arachnitiformis, die aber nach derzeitiger Auffassung ausschließlich an der Mittelmeerküste von Katalonien bis Ligurien vorkommt.

Wie dem auch sei, wenn Sie also Mitte März schon am Mittelmeer waren, sind sie wahrscheinlich - genau wie wir - überrascht und angetan gewesen von den schon blühenden Orchideen. Vielleicht ist Ihnen wie uns dabei auch aufgefallen, dass die sogenannte Ophrys arachnitiformis außergewöhnlich vielgestaltig ist. So gibt es neben Beständen mit typischen, großblütigen, langsepaligen, hochgewachsenen Pflanzen wieder andere mit kleineren Blüten, gedrägterem Habitus und vor allem mit fast ausschließlich grünem Perigon. Solche Pflanzen erinnern viel eher an Ophrys sphegodes als an Ophrys arachnitiformis. Da kommt schon der Verdacht auf, dass es sich hierbei um zweierlei Spezies handeln könnte. Obwohl von vielen Orchideenfreunden über Jahre hinweg beobachtet erfolgte die Beschreibung erstaunlicherweise erst in diesem Jahr. Und da machten sich gleich zwei Orchideenfreunde ans Werk, nachdem sie beide Arten ausgiebig studiert hatten. Zum einen Rémy Soca und zum anderen Gil Scappaticci.

Die neue Art wurde in der Zeitschrift "Le monde des plantes" 475, 27 in diesem Jahr beschrieben als Ophrys (exaltata subsp.) marzuola von Ph. Geniez, F. Melki, R. Soca). Im Heft 152 der SFO vom Juli 2002 wird die Art von Gil Scappaticci beschrieben, und zwar als Unterart occidentalis von Ophrys arachnitiformis. Wir verwenden hier den Namen Ophrys marzuola, auch weil er so schön passt, blüht die Art doch hauptsächlich Mitte März. Nach Beobachtungen von Rémy Soca, der uns beide Arten in diesem Jahr zeigte, soll Ophrys marzuola im Rhônetal und westlich bis zu den Pyrenäen vorkommen, während Ophrys arachnitiformis eher östlich orientiert ist.

Offensichtlich gibt es aber auch Standorte, wo beide Arten und Übergänge vorkommen. Auch nach Scappaticci gibt es Überschneidungsbereiche an der Côte d'Azur. Im Rhônetal allerdings, mehr als 180 Kilometer von der Küste entfernt, wo einige der Bilder links aufgenommen wurden, handelt es sich mit Sicherheit um Ophrys marzuola. Ophrys arachnitiformis dringt nicht so weit ins Landesinnere vor. Die anderen Bilder wurden in der Gegend von Perpignan aufgenommen, wo Ophrys marzuola eindeutig weiter verbreitet ist als Ophrys arachnitiformis.

Die März-Ragwurz hat keine eindeutig zuordenbaren morphologischen Eigenschaften. Würde man sie in einem süddeutschen Halbtrockenrasen finden, man würde ohne zu zögern Ophrys sphegodes notieren. Der außergewöhnlich frühe Blühzeitpunkt allerdings schließt Verwechslungen mit Ophrys sphegodes oder Ophrys passionis am Mittelmeer aus, erst Recht mit Ophrys araneola, die kleinere Blüten trägt und fast immer einen deutlich sichtbaren gelben Lippenrand trägt. Dort wo sie vorkommt kann man sie meist relativ problemlos entdecken, denn um diese Jahreszeit ist sie oft das einzige frische Grün im noch braunen Gras. Und obwohl sie vergleichsweise gedrungen wächst, ragt sie meistens über den Vegetationsbestand hinaus, da kaum andere Pflanzen, nicht einmal die Gräser, so richtig aus dem Winterschlaf erwacht sind. An der Standortsaufnahme links kann man das gut erkennen.

Wie bei allen anderen Orchideenarten kommen auch bei Ophrys marzuloa Farbanomalien vor. Vollalbinos wie die hier abgebildete Pflanze sind allerdings extrem selten. Obwohl sie eigentlich recht auffällig ist, entdeckten wir sie nur durch Zufall als wir ein Stativ in rund anderthalb Meter Entfernung aufbauten um ein besonders schönes Exemplar einer "normalfarbigen" Ophrys marzuola am Rand eines Pfades abzulichten. Für Kreuzungen kommen nicht viele Partner in Betracht, denn um diese Jahreszeit blühen natürlich erst sehr wenige Arten. Eine davon ist Ophrys lupercalis, die ja bereits in unserem Archiv mit einer Monatsbeschreibung über einige Mausklicks abrufbar ist. Weil sie ähnliche Standorte besiedelt, kommt sie oft zusammen mit Ophrys marzuola vor. Da kann es schon mal vorkommen, dass beide Arten Mischformen bilden. Solche Hybriden sind allerdings extrem selten und, wie man an der Nahaufnahme erkennt, besonders hübsch und unverwechselbar und damit sehr begehrenswert für das Fotoarchiv.

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Blüte, 13.3.2002, Rhônetal (F)


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Blütenstand, 13.3.2002, Rhônetal (F)


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Habitus, 13.3.2002, Rhônetal (F)


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Standort, 13.3.2001, Rhônetal (F)


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Ophrys marzuola lusus flavescens, 13.3.2002, Rhônetal (F)


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Ophrys marzuola x Ophrys lupercalis, 10.3.2002, Perpignan (F)