Ophrys subinsectifera
Hermosilla und Sabando 1996

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Solsona (E), 31. Mai 2003


Ophrys subinsectifera ist ein vergleichsweise junges Mitglied der Orchideenfamilie. Erst 1996 wurde sie von Hermosilla und Sabando beschrieben. Ganz neu war sie aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Schon 1982 berichtete R. Corbineau von einer Ophrys insectifera mit kleinen Lippen und gelbem Lippenrand aus der Gegend von Pamplona, ein Jahr zuvor wurden entsprechende Pflanzen in Katalonien gefunden. Dass man diese Art nicht noch früher bewusst zur Kenntnis nahm, liegt zum einen an ihrem relativ kleinen Verbreitungsgebiet. Man findet sie nämlich ausschließlich in den südlichen Vorbergen der Pyrenäen zwischen den Provinzen Navarra und Katalonien und damit in einem Gebiet, das nicht gerade zu den Top Ten der Orchideensucher zählt und erst vergleichsweise spät die Aufmerksamkeit der Orchideenfreunde erregt hat. Auch dies dürfte ein Grund für die späte "Entdeckung" sein. Überhaupt fristete das westliche Mittelmeergebiet im Vergleich zu Frankreich und Italien oder den östlichen Mittelmeerländern wie Griechenland und Zypern ein Schattendasein, zumindest was die Erforschung der Orchideenflora betrifft. Ganz zu Unrecht, gibt es doch hier einige interessante Besonderheiten wie Orchis cazorlensis, Ophrys riojana oder Serapias perez-chiscanoi. Und die Tatsache, dass hier noch nicht alles so gründlich durchforscht ist wie anderswo in Europa, hat einen weiteren Vorteil: Man kann in abgelegeneren Gebieten sicher noch das eine oder andere Neue entdecken, für viele Orchideenfreunde ein Anreiz, auf die Suche zu gehen.

Die nächsten Verwandten von Ophrys subinsectifera sind - wie man schon aus dem Namen unschwer ableiten kann - die Arten der Ophrys insectifera-Gruppe. Davon gibt es mit Ophrys subinsectifera nur noch zwei, nämlich Ophrys insectifera, die ein weites Verbreitungsgebiet hat und auch in Deutschland vorkommt, und Ophrys aymoninii, die in Südfrankreich auf sehr begrenzter Fläche zu Hause ist. Beide Arten können Sie im Archiv der Orchidee des Monats abrufen. Ophrys subinsectifera könnte man, sehr vereinfacht, als Miniaturausgabe einer Mischung von Ophrys insectifera und Ophrys aymoninii bezeichnen. Das sieht so aus: Ihre Blüten sind fast um die Hälfte kleiner. Den gelben Rand hat sie mit Ophrys aymoninii gemein, er fehlt bei Ophrys insectifera in der Regel. Die Petalen dagegen sind braun (zumindest an der Spitze), was ansonsten ein gutes Erkennungsmerkmal von Ophrys insectifera ist. Bei letzterer sind sie rund 4-7 mm lang, bei Ophrys subinsectifera aber nur höchstens halb so lang. Ophrys aymoninii dagegen hat immer grüne Petalen. Die Lippe von Ophrys subinsectifera ist insgesamt gedrungener, manchmal fehlen die Seitenlappen ganz. Der Wuchs von Ophrys subinsectifera ist sehr schlank, überhaupt sind die Pflanzen trotz einer Höhe von bis zu 45 Zentimetern recht unscheinbar und man muss schon sehr aufmerksam durchs Gelände gehen, will man die meist einzeln stehenden Pflanzen überhaupt entdecken.

Ophrys subinsectifera bevorzugt kalkreiche, mehr oder weniger trockene Böden. Sie wächst im Halbschatten (Lockere Wälder, Gebüsche) in Höhen von 400 bis rund 1.100 Metern und blüht Mitte Mai bis Anfang Juni, zumindest in normalen Jahren. In 2003, das vermutlich als eines der wärmsten in die Orchideengeschichte eingehen wird, lag der Blühzeitpunkt gut 10 Tage früher. So fanden wir Ende Mai in der Gegend von Solsona nur noch wenige Pflanzen mit letzten Blüten. Zwei Tage später, weiter Richtung Atlantik bei Pamlona waren die Pflanzen noch etwas besser in Schuss.

Über Ophrys subinsectifera gibt es verschiedene Ansichten. So berichtet Delforge, dass Ophrys subinsectifera oft zusammen mit Ophrys insectifera vorkommt und mit dieser dann Hybridschwärme bildet. Sie hat zwar mit der Hymenoptere Sterictiphora furcata einen spezifischen Bestäuber; allerdings wird nicht ausgeschlossen, dass der Bestäuber von Ophrys insectifera sich auch von Ophrys subinsectifera angezogen fühlt. Außerdem gebe es auch immer wieder innerhalb Populationen von Ophrys insectifera sehr kleinblütige Exemplare. Alles in allem folgert Delforge daraus, dass Ophrys subinsectifera möglicherweise "nur" eine nicht isolierte Variante von Ophrys insectifera ist. Wir haben zwar nur zwei Standorte besucht und können uns deshalb kein abschließendes Urteil bilden. Das was wir dort gesehen haben, lässt uns aber schon vermuten, dass der Artrang, oder wenigstens der Rang einer Subspezies gerechtfertigt ist. Auch die Pflanzen bei Solsona in Katalonien sind signifikant verschieden zu Ophrys insectifera und zeigen die oben beschriebenen Merkmale, wenn auch in Ausnahmefällen der gelbe Rand fehlt. Wir haben deshalb Zweifel an der in Delforge abgedruckten Behauptung, die Pflanzen in Katalonien gehören zu Ophrys insectifera. An beiden Standorten haben wir übrigens Ophrys insectifera gar nicht finden können.

Hybriden sind aus der Literatur nur bekannt mit Ophrys insectifera. Da aber an den Standorten oft auch andere Ragwurzarten vorkommen, beispielweise Ophrys catalaunica oder Ophrys scolopax, sind weitere Mischformen wahrscheinlich, zumal diese Arten zusammen mit unserem Kandidaten blühen.

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Pamplona (E), 1. Juni 2003


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Solsona (E), 31. Mai 2003


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Solsona (E), 31. Mai 2003


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Solsona (E), 31. Mai 2003, zusammen mit Gymnadenia conopsea