Ophrys omegaifera subsp. omegaifera | |
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Zum Jahresanfang gleich wieder ein schwieriger Kandidat. Dabei ist die Omega-Ragwurz, deren Blüte ein wenig an einen Boxhandschuh erinnert, eigentlich sehr charakteristisch, wie die Bilder zeigen. Verwechselbar ist sie allenfalls mit Ophrys omegaifera subsp. fleischmannii, deren Blüten jedoch meist steiler nach oben stehen, Ophrys omegaifera subsp. sitiaca, die eine leichte Kerbe an der Lippenbasis hat oder Ophrys omegaifera subsp. basilissa, die wesentlich größere Blüten hat und deutlich vor Ophrys omegaifera subsp. omegaifera blüht. In der Praxis ist das jedoch manchmal nicht ganz so einfach. Ein Beispiel: Auf Kreta sind die beiden Taxa "omegaifera" und "basilissa" relativ gut getrennt. Letztere hat fast doppelt so große Blüten und blüht bereits ab Februar zu einer Zeit, wo Ophrys omegaifera subsp. omegaifera am gleichen Standort noch Knospen trägt. Auf Rhodos aber ist das schon schwieriger. Dort gibt es nämlich Bestände, in denen zur selben Zeit klein- und großblütige Formen blühen. Die großblütigen könnte man morphologisch ohne große Bedenken zu Ophrys omegaifera subsp. basilissa stellen, weil man auch diesem Taxon eine gewisse innerartliche und auch regionale Eigenständigkeit im Erscheinungsbild zugestehen sollte. Der Bildvergleich links mit Ophrys oestrifera subsp. dodekanensis zeigt die enorme Blütengröße solcher Exemplare. Ist nun die Tatsache, dass groß- und kleinblütige Formen zusammen blühen, als Ausschlusskriterium für zwei verschiedene Sippen, die sich nach Lehrbuch insbesondere in der Lippengröße unterscheiden, ausreichend, zumal wenn man weiß, dass es auf Rhodos sowieso verschiedene Blühwellen der Omega-Ragwurz gibt und man von Ende Februar bis in den April hinein blühende Exemplare finden kann? Und: Weil Übergänge zwischen den Unterarten basilissa und omegaifera immer wieder zu beobachten sind: Könnte es vielleicht auch sein, dass Ophrys omegaifera subsp. basilissa auf Rhodos einst in typischer Ausprägung vorkam und heute in Ophrys omegaifera subsp. omegaifera aufgegangen ist und sich die Blühzeiten angeglichen haben? Dann würde sich aber die Frage stellen, wieso das nicht auch auf Kreta geschah. Wie auch immer, entsprechend widersprüchlich sind auch die Verbreitungsangaben. Während die Mehrzahl der Autoren, beispielsweise Kreutz (Die Orchideen von Rhodos und Karpathos, 2002) oder Kretzschmar und Eccarius (Orchideen auf Rhodos, 2001) davon ausgehen, dass es auf Rhodos ausschließlich Ophrys omegaifera gibt, nennen Baumann, Künkele und Lorenz (Die Orchideen Europas, 2006) auch Rhodos als Verbreitungsgebiet für Ophrys omegaifera subsp. basilissa. Im Übrigen bestehen auch über den systematischen Rang der Omega-Ragwurz ganz unterschiedliche Auffassungen. Delforge betrachtet in seinem Buch „Guide des orchidées d’Europe“ (2005) den Artrang (Ophrys omegaifera) als nach wie vor gerechtfertigt. Andere Autoren, die das Taxon ebenfalls im Artrang geführt hatten, haben es inzwischen zur Subspezies herabgestuft. So beispielsweise Kretzschmar, der die Omega-Ragwurz in seinem oben zitierten Buch 2001 noch als Art, ein Jahre später im Buch „Orchideen auf Kreta, Kasos und Karpathos“ aber zu Ophrys omegaifera subsp. omegaifera neu kombinierte. Auch Kreutz führt das Taxon in seinem oben genannten großformatigen Bildband noch als Art, verwendet in seinem Kompendium der Europäischen Orchideen im Jahre 2004 aber ebenfalls den Unterartrang. Auch in Baumann, Künkele und Lorenz (s. o.) wird die Omega-Ragwurz im Unterartrang geführt, wie übrigens auch die Königliche Ragwurz (Ophrys omegaifera subsp. basilissa). Auch wir schließen uns dieser Meinung an. Bei dieser Gelegenheit sei ein kleiner Exkurs erlaubt: Als der Autor vor einem Vierteljahrhundert den Wildorchideen verfiel, war die Orchideenliteratur noch sehr bescheiden. Unterwegs war man mit dem Standardwerk von Sundermann "Europäische und Mediterrane Orchideen" aus dem Jahre 1980. Und was dort zur Omegaragwurz steht mag man heute kaum mehr glauben. Dort besteht die heute so vielfältige Ophrys fusca-Gruppe aus lediglich fünf verschiedenen Unterarten, nämlich fusca, iricolor, omegaifera, pallida und atlantica, aus die Maus. Das waren noch Zeiten! Identifizierungsprobleme gab es da noch nicht. Zur Verbreitung wäre noch zu sagen, dass die Omega-Ragwurz neben Kreta und Rhodos, wo sie vergleichsweise häufig ist, in der gesamten Süd- und Ostägäis und auch auf dem südwestlichen anatolischen Festland vorkommt. Sie ist damit ein ostmediterranes Florenelement. Die vertikale Verbreitung reicht von Meeresniveau bis hinauf auf 1.000 Meter Höhe. Sie kommt in lichten Kiefernwäldern ebenso vor wie in offenen Garriguen und Macchien und bevorzugt wie viele andere Ragwurzarten auch kalkhaltige Böden. Wie bei allen Ragwurz-Taxa sind sehr selten Albinos möglich, und auch Hybriden sind - wenn auch vergleichsweise sehr selten - beobachtet worden, beispielsweise mit Ophrys iricolor, Ophrys lutea subsp. minor und Ophrys omegaifera subsp. fleischmannii. Die Omega-Ragwurz wird von Anthophora atroalba (Kreta) und Anthophora nigriceps bestäubt. | |