Ophrys oestrifera subsp. hygrophila

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Cevizli (TR), 17. Mai 2013


Unsere Orchidee des Monats gehört diesmal zur besonders heiklen Gruppe der Gehörnten Ragwurze. Eine Vielzahl neuer Taxa wurde in dieser Gruppe in den letzten 15 Jahren beschrieben, bei vielen kann man den eigenständigen Rang in Frage stellen. Ophrys oestrifera subsp. hygrophila halten wir allerdings für ein relativ gut zu erkennendes Taxon. Denn es kommt ausschließlich auf staunassen Böden vor. Und gerade die Standortsfaktoren werden nach unserer Meinung von vielen in ihrer Bedeutung unterschätzt. Jedes Taxon hat mehr oder weniger spezifische Ansprüche an den Standort. Neben dem Licht sind insbesondere die anstehende Gesteinsart und damit verbunden der Kalkgehalt des Bodens und eben auch die Wasserversorgung die entscheidenden Kriterien. Und wenn ein Taxon wie unsere Orchidee des Monats im Verbreitungsgebiet ausschließlich auf nassen Standorten und oft gemeinsam mit Orchis coriophora subsp. coriophora und ansonsten in der Umgebung nirgends vorkommt, legt das eine Eigenständigkeit nahe.

Im übrigen kann man das Taxon auch an morphologischen Merkmalen identifizieren. So sind die Blüten verhältnismäßig klein und bauchig, das Perigon zu mehr als 95 Prozent weißlich-rosa, die Sepalen meist deutlich nach hinten geschlagen, die Malzeichnung dezent und meist auf den oberen Teil der Lippe beschränkt. Zudem ist das Anhängsel im Vergleich zur Blütengröße recht prominent. In dieser Kombination auf diesem Standort ausreichend für ein eigenständiges Taxon.

Dass es sich um ein eigenständiges Taxon handelt ist allerdings - wie könnte es auch anders sein - bei den Orchideenfachleuten umstritten. Baumann, Künkele und Lorenz (2006) verweisen im Inhaltsverzeichnis auf Ophrys oestrifera subsp. minutula, so dass es das Taxon "hygrophila" für diese Autoren gar nicht gibt. Das können wir nach unseren Erfahrungen nicht nachvollziehen, denn Ophrys oestrifera subsp. minutula hat deutlich kleinere und länglichere Blüten als unsere Orchidee des Monats. Dass das Taxon für Delforge den Rang einer eigenen Art hat, ist konsequent und weiter nicht verwunderlich. Wir schließen uns allerdings der Meinung von Kreutz an, der das Taxon im Rang einer Unterart zu Ophrys oestrifera stellt.

Wie schon der Name sagt - hygrophila bedeutet schließlich "feuchtigkeitsliebend" - und wie gerade erläutert, zieht man am besten Gummistiefel oder wasserdichte Bergschuhe an, wenn man sie fotografieren will. Suchen muss man dabei in den türkischen Provinzen Konya und Antalya, insbesondere in der Umgebung von Akseki. Das ist ein vergleichsweise kleines Verbreitungsgebiet, so dass man durchaus von einem südtürkischen Kleinstendemiten sprechen kann. Da zudem im Vorkommensgebiet Entwässerung und Beweidung ernsthafte Probleme sind, ergibt sich insgesamt ein hoher Gefährdungsgrad für unser Taxon. Dass es an geeigneten Standorten auch ansehnliche Bestände bildet, ändert nichts an dieser Einschätzung. So sind die nebenstehenden Aufnahmen in einer Feuchtwiese entstanden, die bereits randlich in Auffällung begriffen ist. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis dieses "Ödland" melioriert sein wird.

Das Taxon blüht relativ spät mit Optimum in der zweiten Maihälfte, am selben Standort meist eine Woche vor der Wanze. Auch das ist übrigens ein weiterer Hinweis auf die Eigenständigkeit des Taxons, Ophrys oestrifera subsp. minutula beispielsweise blüht 4-5 Wochen früher. Die feuchtigkeitsliebende Ragwurz wächst gerne vollsonnig auf basenreichen Böden. Die vertikale Verbreitung liegt zwischen 800 und 1.400 Metern Meereshöhe. Wegen der Seltenheit des Taxons sind Hybriden eine Rarität. Dies gilt auch für Albinos. Deshalb haben wir uns bei unserem Besuch im Mai 2013 ganz besonders über ein Exemplar mit weißem Perigon und fast gelber Lippe gefreut. Es kann in unserem Bildarchiv bestaunt werden.

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Cevizli (TR), 17. Mai 2013


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Cevizli (TR), 17. Mai 2013