Listera cordata |
(Linne) R. Brown 1813 |
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Die letzte Orchidee des Monats gab das Stichwort: Listera cordata. Und da wir in unserem Archiv der Orchidee des Monats noch keine Art der Gattung Listera behandelt haben, wollen wir uns diesmal mit dem kleinen Herzblatt näher beschäftigen. Der Name ist treffend gewählt für die Vertreter der Gattung Listera. Nur zwei Arten zählt sie in Europa, beide haben in der Regel nur zwei gegenständige Blätter, die sich im Frühjahr ausbilden. Während die größere Schwester Listera ovata bis zu 13 Zentimeter lange und 8 Zentimeter breite und damit relativ große und ovale Blätter hat, sind die Blätter von Listera cordata viel kleiner, tatsächlich annähernd herzförmig und unterhalb der Mitte des Stängels ausgebildet. Nur 1-2,5 Zentimeter sind sie lang, das ist nun wirklich schon ziemlich unscheinbar. Der Blütenbau jedoch zeigt die Verwandtschaft unmissverständlich. Insgesamt ist Listera cordata ein unscheinbares Pflänzchen. Meist sind die Pflanzen nur rund 10 Zentimeter hoch, seltener bis zu 15, oft auch kleiner. Selbst fünf Zentimeter große Exemplare mit wenigen Blütchen kann man finden, wen man sich weit genug bückt. Ihre Blüten sind nur 6-7- Millimeter groß und damit deutlich kleiner als die von Listera ovata, deren Lippe immerhin bis zu 1,5 Zentimeter lang werden kann. Die Art bildet keine Knollen aus, sondern ein kriechendes, schlankes, mit dünnen Wurzeln besetztes Rhizom (Rhizomgeophyt). Interessant ist auch, dass die Blüten relativ lange frisch aussehen, selbst dann noch, wenn der Fruchtknoten bereits stark angeschwollen ist. Selbst bei Fruchtreife findet man noch vereinzelt fotogene Blüten. Möglich ist das nur durch das feuchte und kühle Mikroklima an ihren Standorten, die eine schnelle Welke verhindern. Der manchmal zu hörende Name Neottia cordata ist wenig gebräuchlich. Selbst Delforge, der diesen Namen in der Überschrift verwendet, greift auf der selben Seite im Schlüssel der Gattung Neottia wieder auf die Bezeichnung Listera zurück. Das zarte Pflänzchen ist zirkumpolar verbreitet, in Europa, im Süden bis zu den Pyrenäen, in Norditalien, Bosnien und Kleinasien. Auch im Kaukasus, im gemäßigten Asien bis zu den Kurilen kann man sie finden. Schwerpunkt ist Nordeuropa, weiter im Süden ist sie nur in den Alpen und Voralpen etwas häufiger, wobei sie sicher wegen ihrer Zartheit leicht übersehen wird. In Deutschland selbst ist sie selten. Man schätzt die Fundorte auf insgesamt nur rund 20. Dieses Vorkommensgebiet hängt zusammen mit den sehr speziellen Standortansprüchen. Sonne mag sie nämlich ebenso wenig wie Wärme. So findet man sie fast ausschließlich im Wald an feuchten bis nassen Stellen. Sucht man sie beispielsweise im Bergwald, sollte man sich an den Torfmoosen orientieren. Fast immer steht sie nämlich mitten im Moos oder in dessen unmittelbarer Umgebung, wo auch Heidelbeere und Sauerklee öfters zu finden sind. Dort ist es meist sehr schattig und feucht und es herrscht ein kühles, aber ausgeglichenes Mikroklima, was dieser Art besonders zusagt. Dies ist auch der Grund, weshalb man sie in den Mittelgebirgen und den Alpen unter 1.000 Höhenmeter meist vergeblich sucht. Erst bei 2.300 Metern Höhe endet hier das vertikale Verbreitungsgebiet. Im Norden verschieben sich die Höhenzonen nach unten. Dort findet man das kleine Herzblatt dann auch in tundrenartigen Zwergstrauchheiden bis fast auf Meeresniveau. Wo sie gute Bedingungen hat, kommt Listera cordata gern auch truppförmig vor. Hat man erst mal ein blühendes Exemplar entdeckt, findet man drum herum meist gleich noch weitere, wobei einem dann sogar die charakteristischen Blätter der sterilen Pflanzen auffallen (siehe Standortsaufnahme). Die Art bevorzugt saure Böden, was aufgrund der bereits geschilderten Standortansprüche nicht weiter verwunderlich ist. Die Blütezeit beginnt im Juni und reicht in höheren Lagen bis in den August. Berücksichtigt man die Höhenlage, blüht die Art also relativ früh, immer deutlich vor Dactylorhiza fuchsii und oft zusammen mit Corallhoriza trifida. Listera cordata ist eine allogame Art (Fliegenblütigkeit) mit unterdurchschnittlichem Fruchtansatz. Die Bestäubung erfolgt durch Pilzmücken und kleine Käfer. Der Chromosomensatz beträgt 2n = 38 (36-42), Hybriden sind keine bekannt. | |