Ophrys holoserica subsp. gresivaudanica |
Gerbaud 2002
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Wie viele verschiedene Hummel-Sippen es wohl gibt? Alleine auf unserer Internetseite sind es bereits 23 Unterarten, und das sind längst nicht alle. Nehmen wir uns also diesmal wieder einen Vertreter aus diesem Formkreis vor. Es ist insoweit ein bemerkenswertes Taxon, als es erst spät im Jahr blüht, nämlich Mitte Juni bis Mitte Juli, wenn die begleitende Wiesenvegetation in Höhen von 250 bis 750 Metern schon weitgehend braun geworden ist. Aber trotz dieses guten Erkennungsmerkmals ist diese späte Hummel umstritten, wie könnte es auch anders sein. Für manche Orchideenfreunde ist der Name Ophrys holoserica subsp. gresivaudanica schlicht unkorrekt, weil das Taxon einfach zu Ophrys holoserica subsp. holoserica zu rechnen sei. Andererseits wird immer wieder diskutiert, ob man die spät blühenden Sippen nicht alle zu einer Art zusammenfassen sollte, in diesem Falle insbesondere mit Ophrys holoserica subsp. elatior, die auch bei uns im Oberrheingebiet vorkommt. Unserer Meinung nach ist die Subspezies gresivaudanica jedoch von der Subspezies elatior zu unterscheiden. Während nämlich letztere aussieht wie eine gewöhnliche, allenfalls etwas kleiner geratene Hummel, ist die Subspezies gresivaudanica gekennzeichnet durch insgesamt signifikant kleinere Blüten (rund 9 mm lang im Gegensatz zur Subspezies holoserica mit 10-15 mm langen Lippen), stärker gewölbte Lippen und einen deutlich höheren Anteil an Exemplaren mit dreiteiligen Lippen bzw. scolopaxoiden Blüten. Außerdem sind die Pflanzen auch in lockerem Gras meist relativ schlank im Wuchs, oft setzt die erste Blüte erst 20 Zentimeter über dem Boden an. Und nicht zuletzt blüht die Subspezies elatior in Südfrankreich noch später, und zwar im Juli und August. Apropos lockerer Wuchs: Das erinnert stark an die Subspezies tetraloniae. So verwundert es nicht, dass die belgischen Kollegen die Ragwurz des Grésivaudan in die Gruppe von Ophrys tetraloniae stellen. In der Veröffentlichung des Beschreibers, Herrn Olivier Gerbaud aus dem Jahre 2002 kommen die charakteristischen Merkmale recht gut zum Ausdruck: "Considérations sur l'Ophrys cf. fuciflora assez tardif et a petites fleurs souvent trilobées ou scolopaxoides de l'Isère". Man muss sie halt selbst gesehen haben, und nach Möglichkeit auch in einem größeren Bestand, der dann einen guten Einblick in die Bandbreite der Erscheinungsformen und die charakteristischen, durchgängigen Merkmale ermöglicht. Das ist übrigens gar nicht so leicht, denn dieses Taxon ist sehr launisch. An dem von uns besuchten Platz haben wir zwei Jahre schon vergeblich nach ihm gesucht. In diesem Jahr aber konnten wir einen mit rund 100 Exemplaren ordentlichen Bestand näher studieren. Viele Standorte sind nicht bekannt, die Verbreitung des Taxons ist relativ begrenzt und - wie der Name schon beschreibt - im Tal von Grésivaudan zwischen Grenoble und Chambéry konzentriert. Weitere Fundorte sind dem Vercors bekannt geworden. Ansonsten gibt’s zu Ophrys gresivaudanica nicht mehr viel zu sagen. Sie bevorzugt magere und spät gemähte Wiesen oder Straßenböschungen und steht meist vollsonnig. Da solche Standorte Anfang Juli oft besonders heiß sind, kann man immer wieder Hitzeschäden an einzelnen Pflanzen feststellen. Hybriden kann Ophrys gresivaudanica natürlich mit vielen Vertretern der Gattung Ragwurz bilden, aber nur theoretisch. Denn wegen des sehr späten Blühzeitpunkts sind mögliche Hybridpartner wie Ophrys sphegodes oder Ophrys insectifera längst schon verblüht. Die hohe Variabilität der Blüten wird auch in weiteren Aufnahmen deutlich, wie wir in unser Bildarchiv eingestellt haben. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Beschreibung eines weiteren spät blühenden und erst jüngst beschriebenen Hummel-Taxons aus der Umgebung des Südfranzösischen Flüsschens Roubion. Seine Blüten sind etwas größer als die der Subspezies gresivaudanica, aber im Gegensatz zur Subspezies elatior ebenfalls eher bauchig im Wuchs mit manchmal dreiteiliger Lippe. Die Wuchsorte dagegen liegen, wie bei der Subspezies elatior auch, auf alluvialen Schotterflächen in Flussnähe, ein deutlicher Unterschied zur Subspezies gresivaudanica. Der genaue Status dieses Taxons ist freilich noch nicht klar, auch einen gültigen Namen gibt es dafür noch nicht. Das Taxon wird von uns mit dem Arbeitsnamen Ophrys holoserica "Roubion" ins Bildarchiv eingestellt. | |