Ophrys sphegodes ssp. cretensis |
H. Baumann und Künkele
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Wir bleiben auf Kreta. Nachdem wir uns bei der letzten Orchidee des Monats um die schwierige Gruppe der Ophrys fusca gekümmert haben, ist diesmal ein Vertreter des Ophrys sphegodes-Formkreises dran. Davon gibt es, ähnlich wie bei Ophrys fusca, eine ganze Menge und jährlich werden es wegen der schier unerschöpflichen Neubeschreibungen immer mehr. Ophrys sphegodes ssp. cretensis kommt zerstreut auf Kreta vor, soll aber auch auf den Kykladen und möglicherweise auch auf Karpathos vorkommen, wonach sie kein kretischer Endemit wäre Ophrys sphegodes ssp. cretensis war zwischenzeitlich vermutlich wegen des Bestäubers Andrena vachali ssp. creticola von Paulus in den Artrang erhoben, als Ophrys cretensis geführt und von Delforge in die Ophrys mammosa-Gruppe gestellt worden. Uns gefällt die "Rückstufung" zur Subspezies, wie sie Kretzschmar vorschlägt, ganz gut, auch wenn es etwas verwirrt, wenn die Art zu Ophrys sphegodes und nicht zu Ophrys araneola-Gruppe gezählt wird. Eines ihrer charakteristischen Merkmale ist nämlich die relativ kleine Blüte bzw. Blütenlippe, die mehr an eine kleine Spinne erinnert als an eine große. Außerdem blüht die Art relativ früh, in niedrigen Lagen oft schon Ende Februar. In höheren Lagen, beispielsweise auf der Alp Thripti, findet man dagegen auch noch Mitte April schön blühende Pflanzen. Wie dem auch sei: Auf Kreta gibt es nur noch zwei ähnliche Arten, mit denen man Ophrys sphegodes ssp. cretensis verwechseln könnte. Dies ist zum einen Ophrys sphegodes ssp. gortynia, die meist recht gut an der eckigeren Lippe zu erkennen ist. Außerdem blüht letztere erst auf, wenn die kretische Spinne schon weitgehend verblüht ist. Die zweite ähnlich Art ist Ophrys herae, wobei kleinblütige Exemplare durchaus mit Ophrys sphegodes ssp. cretensis verwechselt werden könnten. Zudem überschneidet sich die Blütezeit deutlich und es bilden sich im Westen Kretas öfters Mischbestände zwischen Ophrys herae und Ophrys sphegodes ssp. cretensis aus, was zu Bestimmungsproblemen führen kann. Neben den relativ kleinen Blüten sind die Pflanzen auffallend schlank- und mit bis zu 50 Zentimetern Höhe auch recht hochwüchsig sowie vielblütig. Grünliche Pseudoaugen sind ebenso vorhanden wie mehr oder weniger deutlich ausgeprägte, innen kahle Höcker, die ein wenig an Ophrys mammosa erinnern. Nicht selten wächst sie in dichteren Trupps aus bis zu 30 Pflanzen, ein Beispiel ist links zu sehen. Apropos Beispiel: An dem Standort, wo die Habitusaufnahme entstand, gab es Ophrys sphegodes ssp. cretensis ausschließlich in einem kleinen Streifen unterhalb einer gepflanzten Agavenallee. Auf der Fläche selbst, auf der in großer Menge mehrere andere Orchideenarten wuchsen, fanden wir die Pflanze dagegen nicht. Man kann nun darüber spekulieren, ob diese Art zu den bekanntermaßen nicht am Mittelmeer heimischen Agaven eine besondere Affinität besitzt, wie z. B. einige Stendelwurze zu Haselsträuchern. Ansonsten ist die Art wenig spektakulär. Aber auch so was kann man mal zur Orchidee des Monats küren. Bleiben wir noch einige Angaben zum Standort schuldig: Sie kommt bis in Höhen von 1.300 Metern vor, und zwar vor allem in der Phrygana, in lockeren Wäldern und entlang von Straßen und Böschungen an vollsonnigen bis halbschattigen Standorten. Die Böden müssen kalkhaltig sein, trockene Standorte werden bevorzugt. Hybriden sind bekannt mit Ophrys cretica ssp. ariadnae, Ophrys herae und Ophrys tenthredinifera ssp. villosa, wobei besonders letztere sehr fotogen, aber selten sind. | |