Orchis morio subsp. caucasica

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Rhodos (GR), 27. März 2008


Heute haben wir eine Orchidee im Programm, die gerade in jüngster Zeit Anlass heftiger taxonomischer Diskussionen ist. Aber der Reihe nach: Das kleine Knabenkraut, Orchis morio, ist schon seit langem bekannt, nämlich seit 1753. Damals natürlich nur als Orchis morio. Sundermann (1980) unterschied insgesamt vier Unterarten, nämlich morio, picta, champagneuxii und syriaca. Relativ leicht zu identifizieren ist dabei die Subspezies champagneuxii mit fehlender Lippenzeichnung und stark zurückgeschlagenen Lippenseitenlappen. Sie wächst gerne in Trupps, weil sie in einem Jahr jeweils zwei neue Knollen bildet und sich so vegetativ vermehrt und kommt im westlichen Mittelmeergebiet vor. Die Subspezies syriaca ist ostmediterran, sehr hell in der Blütenfarbe und ebenfalls ohne Malzeichnung, was sie ebenfalls unverwechselbar macht. Nach damaligem Wissenstand löste dieses Taxon die Subspezies picta nach Osten hin ab. Mit Orchis morio subsp. picta wurden Pflanzen bezeichnet im engeren Bereich des Mittelmeergebiets. Von der Subspezies morio wurde sie durch kleinere Blüten, lockereren Blütenstand und insgesamt weniger “mastigen” Wuchs unterschieden.

Damit kam man viele Jahre prima zurecht. Mit der Beschreibung einer weiteren Sippe aus Albanien kam 1984 mit Orchis morio subsp. albanica ein fünftes Taxon dazu, auch das war noch gut nachvollziehbar. Die Beschreibung einer weiteren Subspezies tlemcenensis aus den Bergen Algeriens kann man nachvollziehen oder auch nicht. Dann aber schieden sich mal wieder die Geister. So blieben verschiedene Autoren dabei, die albanische Sippe als Unterart zu führen (Kreutz, Baumann et al.). Kretzschmar aber stellte das Taxon in die Synonymie von Orchis morio subsp. caucasica, womit wir bei einem weiteren, bislang nicht genannten Namen und der Orchidee des Monats Februar 2009 wären. Wir schließen uns der Auffassung von Baumann et al. an, wonach sieben Unterarten von Orchis morio unterschieden werden, nämlich morio, albanica, champagneuxii, picta, syriaca, tlemcenensis (mit Fragezeichen) und caucasica.

Aber es ist leider noch komplizierter, weil von verschiedenen Autoren sogar der Gattungsname „Orchis“ angezweifelt wird. Die Systematik der Gattung Orchis wurde 1997 von Bateman, Chase und Pridgeon durch Auswertung von DNA-Sequenzen auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Es würde den Rahmen dieses Berichts sprengen, näher darauf einzugehen. Wer sich dafür interessiert, liest am besten bei Kretzschmar, Eccarius und Dietrich nach (Die Orchideengattungen Anacamptis, Orchis, Neotinea, 2007, ISBN 978-3-937107-11-0). Jedenfalls gehört nach diesem Konzept die Gruppe morio zur Sektion Moriones innerhalb der Gattung Anacamptis, so dass aus Orchis morio Anacamptis morio werden würde. Sechs Unterarten werden innerhalb der Gruppe Anacamptis morio unterschieden, nämlich morio, caucasica, champagneuxii, longicornu, picta und syriaca. Dieses Konzept ist zwar durchaus plausibel und diskussionswürdig und wird durch das Hybridisierungsverhalten der verschiedenen Taxa gestützt. Andererseits wird es von verschiedenen Autoren als noch nicht ausreichend abgesichert bezeichnet. Wir schließen uns dieser Meinung an, nicht voreilig solche tiefgreifenden Änderungen vorzunehmen und vorerst bei der „alten“ Nomenklatur zu bleiben, bis weitere Belege für das neue Konzept vorliegen.

Nach soviel Theorie zurück zu unserer Orchidee des Monats. Sie unterscheidet sich von der ähnlichen Subspezies morio durch einen schlankeren Wuchs, lockereren und wenigblütigeren Blütenstand und kleinere Blüten mit stärker dreigeteilten Blütenlippen. Damit ähnelt sie am ehesten der Subspezies picta, die nach derzeitigem Kenntnisstand nur im westlichen Mittelmeergebiet (Südfrankreich, Spanien, Portugal, Korsika, Balearen) vorkommt. Das beste Kennzeichen ist aber der vorgezogene Mittellappen der Blütenlippe, der in dieser Deutlichkeit nur bei dieser Unterart vorkommt, von Einzelexemplaren einmal abgesehen. Das Verbreitungsgebiet reicht von Jugoslawien (dort gemeinsam mit der Subspezies morio) über Griechenland, die Ägäischen Inseln, Nordwestiran, Georgien, Aserbeidschan bis in die Türkei, wo sie im Süden gemeinsam mit der Subspezies syriaca vorkommen kann. Sie wächst in lichten Wäldern und in der Phrygana von Meeresniveau bis hinauf auf 1.300 Metern Meereshöhe.

Wie bei allen Taxa innerhalb der Gruppe Orchis morio kommt Hybridisierung vor, zwischen einigen Taxa sogar regelmäßig. Hier insbesondere mit Vertretern der Gruppe Orchis papilionacea und Orchis laxiflora, wo bei gleichzeitigem Vorkommen immer mit Hybriden oder gar Hybridschwärmen zu rechnen ist. Weitere Kreuzungspartner sind Anacamptis pyramidalis, Orchis collina, Orchis coriophora und Orchis boryi. Besonders geschätzt und regelrecht gejagt werden die Gattungshybriden mit Vertretern der Gattung Serapias. Sie sind besonders auffällig und farbenprächtig. Hier kommen in Frage Serapias levantina, lingua, neglecta, orientalis, und vomeracea.

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Rhodos (GR), 27. März 2008


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Ioannina (GR), 22. April 2001


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Rhodos (GR), 27. März 2008


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Rhodos (GR), 27. März 2008