Cephalanthera damasonium |
(Miller) Druce 1906
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Diesmal wollen wir uns einem Vertreter aus dem Reich der Orchideen widmen, der auch bei uns in Deutschland weiter verbreitet ist. Dabei hat die Art mit dem schönen Namen "Bleiches Waldvögelein" ein insgesamt vergleichsweise großes Verbreitungsgebiet. Man findet sie in Europa und Vorderasien von der meridionalen bis zur temperaten Zone sowie in Kaukasien und ostwärts bis Nordpersien, wobei sie in Osteuropa eher selten ist. Die Art ist unverwechselbar und gut zu erkennen. Sie unterscheidet sich von der in Deutschland noch vorkommenden Cephalanthera longifolia insbesondere durch die breiteren Blätter und die creme- statt weißfarbigen Blüten. Insofern ist die Bezeichnung "weißes Waldvögelein" nicht ganz zutreffend und nur zur Abgrenzung zum ebenfalls bei uns vorkommenden Roten Waldvögelein gerechtfertigt. Außerdem sind die Blüten von Cephalanthera damasonium meist mehr oder weniger geschlossenen. Sie öffnen sich und geben ihr Innenleben nur preis bei sommerlichen Temperaturen oder direkter Besonnung - beispielsweise am Rande von Wäldern oder Einzelbäumen - etwas. Zudem ist das bleiche Waldvögelein klimatisch nicht so anspruchsvoll wie Cephalanthera longifolia, das wärmeliebend und deshalb in Deutschland nur auf klimatisch begünstigten Standorten zu finden ist. Cephalanthera damasonium blüht ab Ende Mai, rund 10 Tage vor dem Schwertblättrigen Waldvögelein. Die Höhenverbreitung endet bei rund 1.800 Metern. Das bleiche Waldvögelein ist eine Waldorchidee. Es bevorzugt lichte, unterwuchsarme Buchenwälder mit Mullboden. Vorkommen in Fichtenwäldern deuten darauf hin, dass hier einmal Buchenwald stand, so dass solche Pflanzen somit als "Relikte" des ehemaligen Buchenwaldes gesehen werden können. Dass sich diese Art auch in Fichtenwäldern vergleichsweise lange halten kann deutet übrigens auf eine starke Abhängigkeit von Bodenpilzen hin. Und dass immer wieder lebensfähige chlorotische, also Chlorophyll freie Exemplare vorkommen, bestätigt diese Vermutung. Das bleiche Waldvögelein braucht im Übrigen kalkhaltige Böden. Sie ist eine Charakterart der orchideenreichen Kalkbuchenwälder Deutschlands. Auf sauren Böden und in waldfreien Gebieten sucht man sie vergeblich. Interessant ist noch der Bestäubungsmechanismus. Alle Waldvögeleinarten haben nämlich keine der sonst üblichen Klebdrüse, sondern bedienen sich Narbenschleims, um den Bestäubern die Pollinien anzukleben. Dass der Bestäubungsgrad meist recht hoch ist liegt allerdings nicht an diesem Trick, sondern insbesondere daran, dass die Art sich meist autogam verhält, was in dunkleren Bereichen des Laubwalds sicher von Vorteil ist. An den wenigen Standorten mit gemeinsamem Vorkommen von Bleichem und schwertblättrigem Waldvögelein kann man selten auch Hybriden finden, was im übrigen bestätigt, dass neben der Autogamie auch Fremdbestäubung vorkommt. In der Türkei gibt es zudem auch Hybriden mit Cephalanthera kotschyana. Albinos sind selbstredend nicht möglich. Allerdings kommen interessanterweise hin und wieder Pflanzen mit gelblichen Blüten vor. Wir fanden solche Exemplare schon in den Mittelgebirgen Spaniens und Italiens. Da es ansonsten keine signifikanten und durchgängigen Unterscheidungsmerkmale gibt, sind sie lediglich als Farbvarietäten einzustufen. Der Chromosomensatz beträgt 2n=36, Gattungshybriden sind nicht bekannt. | |