Gymnadenia odoratissima
(L.) L.C.M. Richard 1759

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Dolomiten (I), Juni 1989


Nach einigen doch problematischen Arten haben wir diesmal einen Vertreter ausgewählt, der ziemlich eindeutig anzusprechen ist. Gymnadenia odoratissima ist schon lange als Art bekannt und unverwechselbar. Und sie hat ein vergleichsweise großes Verbreitungsgebiet. Es reicht vom gemäßigten Europa nördlich bis Skandinavien und das Baltikum, südlich bis Mittelitalien, Nordspanien, und den Nordbalkan sowie östlich bis Mittelrussland, wobei sie auch größere Verbreitungslücken aufweist, zum Beispiel von Südostbayern bis zum Westteil der Tschechischen Republik. Besonders wohl fühlt sich die Art in mittleren bis höheren Gebirgslagen. So ist sie in den Kalkgebieten der Alpen (Dolomiten!) und des Juras ziemlich verbreitet und bildet zum Teil ausgedehnte und dichte Bestände. Auch auf der Schwäbischen Alb, wo einige der Bilder entstanden, kommt sie an mehreren Stellen in stattlicher Zahl vor.

Sie kann allenfalls mit schlecht gewachsenen Exemplaren ihrer größeren Schwester Gymnadenia conopsea verwechselt werden, mit der sie an vielen Standorten gemeinsam vorkommt und immer wieder Hybriden ausbildet. Gymnadenia odoratissima ist mit 10-30 Zentimeter Wuchshöhe insgesamt zierlicher, die Blütenfarbe variabler von weiß bis dunkelrot, mehrheitlich jedoch deutlich heller als bei Gymnadenia conopsea. Auch die Blätter sind viel schmaler, fast grasartig im Vergleich zu ihrer Schwester. Das beste Unterscheidungsmerkmal ist jedoch der Sporn. Er ist bei Gymnadenia odoratissima ungefähr so lang wie der Fruchtknoten, bei Gymnadenia conopsea jedoch deutlich länger, oft sogar doppelt so lang wie der Fruchtknoten. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal erschließ sich schon aus dem Namen. Die "wohlriechende" Händelwurz, was odoratissima nämlich bedeutet, duftet sehr viel stärker süßlich als ihre Schwester. In größeren Beständen und bei Windstille kann man diese Art förmlich riechen bevor man sie sieht.

Die Art wächst sowohl auf trockenen als auch auf nassen Böden, Voraussetzung ist allerdings ein recht magerer Standort. Ihr Lebensraum sind damit Flachmoore, Magerrasen, Bergwiesen und lichte Wälder bis hinauf in 2.700 Meter Meereshöhe. Da dies auch die Lebensräume verschiedener anderer Orchideenarten sind, findet man sie oft vergesellschaftet mit z.B. Ragwurzarten (im trockenen), mit Knabenkräutern (feuchte Variante) oder mit Kohlröschen (in den Bergen). Im Gegensatz zu ihrer Schwester ist sie kalkstet und fehlt auf sauren Böden. Die Blütezeit beginnt Anfang Juni in den tieferen Lagen und erstreckt sich bis Mitte August auf den Matten der Hochgebirge.

Der Chromosomensatz beträgt 2n=40. Bestäubt wird sie hauptsächlich durch Schmetterlinge wie z.B. Widderchen. Die Art hybridisiert sehr selten mit Anacamptis pyramidalis, Dactylorhiza fuchsii und Pseudorchis albida. Hybriden mit Gymnadenia conopsea kann man immer wieder mal finden. Am relativ häufigsten sind noch Hybriden mit Nigritella rhellicani und Nigritella rubra, was von einigen Kollegen als Indiz dafür gewertet wird, dass die Gattungen Nigritella und Gymnadenia zusammengeführt werden sollten. Wir belassen es bei der alten Nomenklatur. Bereits gemeldete Hybriden mit Chamorchis alpina und Spiranthes aestivalis sind zweifelhaft.

Aus den Pyrenäen ist ein Form bekannt mit längerem Sporn und insgesamt stattlicherem aber gedrungenerem Wuchs. Diese Variante wurde von Delforge als Gymnadenia odoratissima var. pyrenaica beschrieben und in seinem Buch mit einer Aufnahme aus Burgos in Nordspanien belegt. Wir fanden in der Gegend von Burgos in Nordspanien tatsächlich auffällige Händelwurze, die nicht in das uns bekannte Schema passten. Sie wurden von Hermosilla und Sabando als Gymnadenia odoratissima var. longicalcarata beschrieben. Ob beide Varianten identisch sind, können wir nicht beurteilen. Wir haben diese Pflanzen wegen ihrer größeren Ähnlichkeit zu Gymnadenia conopsea als forma parviflora ins Internet gestellt.

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Schwäbische Alb (D), 29. Juni 2002


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Dolomiten (I), Juni 1989


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Schwäbische Alb (D), Juli 1985


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Schwäbische Alb (D), Juli 1985