Orchis ligustica |
Ruppert 1933
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Nachdem wir bereits mehrfach unsere Liebe zur Hybridisierung kund getan haben, gehen wir diesmal noch einen Schritt weiter und rücken eine Art in den Vordergrund, die als Ganzes aus einer Hybridisierung einst hervorgegangen ist und 1933 vom Deutschen Botaniker Ruppert als Art beschrieben wurde. Zumindest sprechen die meisten Orchideenfreunde von einer "hybridogenen Art". Schon alleine bei Analyse der Morphologie wird unseres Erachtens klar, dass es sich bei Orchis ligustica um ein Taxon handelt, das aus der Kreuzung zwischen Orchis mascula subsp. mascula und Orchis patens subsp. patens hervorgegangen ist. Auch das Verbreitungsgebiet unterstützt diese These, denn Orchis ligustica kommt, wie der Name schon vermuten lässt, in Ligurien vor. Und das ist die einzige Gegend, wo auch Orchis patens subsp. patens im nördlichen Mittelmeerraum kleinräumig vorkommt. Die Betrachtung der Variabilität innerhalb der Bestände stützt ebenfalls die Hybridtheorie. Alles ist dabei, von Exemplaren mit 90% Orchis patens subsp. patens bis 90% Orchis mascula subsp. mascula. Ein besonders gutes Erkennungsmerkmal für die Hybride ist der mehr oder weniger waagrechte Sporn. Er liegt damit zwischen Orchis patens subsp. patens mit seinem sackförmigen, abwärts gerichteten Sporn und Orchis mascula mit dünnerem, steil nach oben gebogenen Sporn. Auch die Innenseite der Sepalen ist charakteristisch und liegt mit seinen mehr oder weniger grünen Leitgefäßen bzw. Grünanteilen auf rosa Hintergrund zwischen den beiden Eltern. So einfach könnte es also sein. Kollege Kretzschmar jedoch bezweifelt die These der hybridogenen Art. Seiner Meinung nach kommen Hybriden mit mehr oder weniger gelblich gefärbter Lippe und schafsnasenförmiger Lippe häufiger vor als solche mit weißlicher Grundfarbe und gerader Lippe, woraus er schließt, dass viel häufiger die Hybride zwischen Orchis patens und Orchis provincialis zu finden ist. Hauptargument gegen die These der hybridogenen Art und für die Ansicht, Spontanhybriden vor sich zu haben, ist eine genetische Untersuchung aus dem Jahre 2000, wonach ausschließlich F1-Hybriden gefunden wurden, die zudem über einige Jahre verschwanden, wenn der eine oder andere Elternpartner am Fundort nicht mehr vorkam. Bedeutet unterm Strich: Auch in diesem Falle ist längst nicht alles geklärt. Da Orchis patens subsp. patens auf dem italienischen Festland sehr selten ist, muss man auch Orchis ligustica gezielt suchen. Die Spezialisten kennen natürlich die Plätze und finden auch in vergleichsweise schlechten Jahren wie 2012 ab und an schöne Pflanzen. Das ligurische Knabenkraut wächst bevorzugt halbschattig auf eher saurem Milieu, das im Vorkommensgebiet sowieso vorherrscht. Orchis ligustica gehört zu den eher später blühenden Knabenkräutern und beginnt erst Anfang Mai aufzublühen. Orchis mascula ist zur Hauptblütezeit von Orchis ligustica schon weitgehend durch, während Orchis patens etwas später ihren Blühhöhepunkt erreicht. Die Chromosomenzahl beträgt 2n=42. | |