Die Bocksriemenzunge ist in Deutschland sehr selten. Dort wo sie vorkommt weisen meist ausgedehnte Trampelpfade den Weg zu ihr, wie hier am Kaiserstuhl. Das Foto zeigt auch, daß Fototourismus nicht unproblematisch ist. Zwar wird das Objekt der Begierde sorgsam geschont. Die umliegend Vegetation und möglicher Nachwuchs wird dagegen zertrampelt. |
Die Bocksriemenzunge ist eine der auffallendsten und schönsten Orchideen Deutschlands. Wer an ihr vorbeiwandert wird sie kaum übersehen. Immerhin wird sie bis zu 1,2 Meter hoch (!) und trägt bis über 100 filigran geformte Einzelblüten in einem bis 30 Zentimeter langen Blütenstand. Wer sie entdeckt, ist fasziniert von ihrer Schönheit.
Als wärmeliebende Art liegt der Schwerpunkt des Vorkommens bei uns in wärmebegünstigten Lagen, insbesondere am Kaiserstuhl. In vielen Gegenden Frankreichs, z.B. im Elsaß, in der Aude oder im Vercors ist sie vergleichsweise häufiger. Hier, und auch in Deutschland ist die Art offensichtlich in Ausbreitung begriffen, was manche Autoren als Zeichen des Klimawandels interpretieren. Das genaue Verbreitungsgebiet ist nach wie vor nicht bekannt, weil sie wegen der Verwechslungsgefahr mit einigen ähnlichen Arten insbesondere im Osten des Verbreitungsgebietes manchmal verkannt wird. Jedenfalls reicht es vom westlichen und zentralen Mittelmeergebiet nordwärts bis West- und Mitteleuropa.
Die Art bevorzugt kalkreiche, trockene Böden und kommt meistens in Halbtrocken- und Trockenrasen verschiedener Ausprägung, manchmal auch in Garrigen, in lichten Wäldern, an Gebüschrändern und sogar auf Dünen vor. Hauptblütezeit ist der Mai. In den Bergen steigt sie bis fast 1800 Meter hinauf. Wie viele andere Orchideenarten zeigt auch die Bocksriemenzunge starke Bestandsschwankungen. In manchen Jahren ist sie sehr häufig, ja sogar aspektbildend. In anderen Jahren dagegen muß man froh sein, wenigstens einige wenige blühende Exemplare zu finden, am gleichen Standort wohlgemerkt.
Den Namen "Bocksriemenzunge" hat die Art übrigens ihren intensiv nach Ziegenbock stinkenden Blüten zu verdanken. Das passt eigentlich gar nicht zu den herrlich anzusehenden Blüten. Vor allem der bis zu 6 cm lange, an der Spitze gespaltene und schraubig gedrehte Mittellappen der Blütenlippen ist besonders auffallend und charakteristisch. Wie lockere Hobelspäne wirken die noch nicht entfalteten Blütenlippen. Der Name kommt übrigens aus dem Griechischen: himas = schmaler Riemen, glossum = Zunge. Der Chromosomensatz beträgt 2n=36. Hybriden sind bei dieser Art bislang nicht bekannt geworden.
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