Ophrys kotschyi |
Ophrys kotschyi H. Fleischmann und Soó 1928
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Schauen Sie sich mal die Bilder links an. Ist das nicht prächtig? Ophrys kotschyi gehört ohne Zweifel zu den schönsten Ragwurzarten Europas. Wer sie zum ersten Mal sieht ist fasziniert. Man fragt sich unwillkürlich, wie um alles in der Welt die Natur bloß solche Kostbarkeiten zustande bringt, noch dazu bei dem meist kargen Boden. Die meist kräftigen Pflanzen werden bis 30 Zentimeter hoch und tragen 3 bis 10 auffallend große Blüten. Besonders attraktiv ist die dunkle, ja manchmal fast schwarze Grundfarbe der verhältnismäßig flachen Blütenlippe, die mit dem immer hell umrandeten und ausgedehnten Mal und auch mit dem meist grünen Perigon in scharfem Kontrast steht. Meist stehen die Blüten steil, ja manchmal fast senkrecht vom Stängel ab, was sie zum Beispiel von Ophrys umbilicata unterschiedet, deren Blütenlippe oft parallel zum Stängel ausgerichtet ist. Übrigens gehört die Art nach Delforge zur Ophrys umilicata-Gruppe. Die nach dem österreichischen Botaniker Kotschy benannte Schönheit ist ein Endemit Zyperns. Wer dieses ostmediterrane Florenelement sehen will, muss also schon auf die drittgrößte Insel im Mittelmeer fahren. Aber schon alleine dieser Art wegen lohnt sich ein Besuch allemal. Ophrys kotschyi hat nicht nur ein sehr begrenztes Verbreitungsgebiet. Sie ist überdies auch relativ selten. Man kann sie am ehesten im nördlichen, türkisch besetzten Teil der Insel (Pentadactylos-Gebirge), auf der Akrotiri-Halbinsel westlich Limassol und im hügeligen Gelände im Südosten zwischen Limassol und Larnaka finden. In typischer Ausprägung kann man sie eigentlich nicht mit anderen Ragwurzarten verwechseln. Meist tritt die Art nur in kleineren Beständen mit wenigen Exemplaren auf. An anderen Stellen der Insel fehlt die Art oder ist sehr selten, zum Beispiel auf der Akamas-Halbinsel im Westen. Auf den wiesigen, relativ feuchten Flächen vor allem südlich des Salzsees bei Akrotiri allerdings wächst die Art in größeren Beständen, vorausgesetzt es ist ein gutes Jahr. Ähnlich wie Ophrys apifera ist seine Schönheit nämlich recht launisch. So schwankt die Populationsdichte an den Standorten von Jahr zu Jahr erheblich. 2005, als die Bilder links entstanden, war jedoch ein sehr gutes Jahr. So zählten wir in einer nicht mal Fussballfeld großen Wiese bei Akrotiri an die 200 Pflanzen, vereinzelt sogar mit rotem, rosa und weißem Perigon und mit Einfluss anderer Ophrys-Arten, mit denen sie hier vergesellschaftet steht. Zusammen mit den Tausenden blühenden Asiatischen Hahnenfüßen (Ranunculus asiaticus), die hier in ihrer gelbblühenden Variante auftreten, ein faszinierender Anblick und - nicht zuletzt auch wegen der Heerscharen von Stechmücken - ein unvergessliches Erlebnis. Dass sich hier so viele Orchideen wohlfühlen ist angesichts der vergleichsweise hohen Salzbelastung schon erstaunlich. Im Hauptverbreitungsgebiet von Ophrys kotschyi steht meist Kalk an, die Art scheint demnach - wie viele Vertreter der Gattung Ophrys - ziemlich kalkstet zu sein. Sie geht bis hinauf in rund 1.000 Meter Meereshöhe und blüht bereits Mitte Februar auf. Die Hauptblütezeit liegt in normalen Jahren in der ersten Märzwoche. Aber selbst Anfang April kann man vereinzelt noch letzte Blüten in schattiger Lage entdecken. Das mag sehr früh erscheinen, relativiert sich aber vor dem Hintergrund, dass die gesamte Orchideenflora auf Zypern vergleichsweise früh zur Blüte kommt. Im Vergleich zu Kreta beispielsweise beträgt der Vorsprung fast einen Monat, was sicher mit den besonderen klimatischen Verhältnissen auf der doch sehr weit östlich gelegenen Insel zusammenhängt. Die Art wächst auf trockenen bis mäßig feuchten, kalkreichen bis sandigen Böden in sonniger oder halbschattiger Lage. Neben den küstennahen Wiesengebieten im Süden bevorzugt sie grasiges Ödland und Magerrasen. Gerne steht sie am Rand von Gebüschen, und sogar in lichten Nadelwäldern, Oliven- und Karubenhainen kann man auf sie treffen. Und dort, wo man sie findet, lohnt auch die weitere Suche, denn selten steht Ophrys kotschyi alleine. Ophrys kotschyi ist insgesamt gesehen im Rückgang begriffen und - auch wenn es noch individuenreiche Bestände auf der Insel gibt - als gefährdet einzustufen. Vor allem der ungehemmten Bautätigkeit, aber auch anderen Faktoren wie zum Beispiel Entwässerungsmaßnahmen, fallen nach wie vor schöne Plätze zum Opfer. Als Bestäuber fungiert übrigens Melecta tuberculata, wobei diese Hymenoptere interessanterweise die morphologisch ähnliche Ophrys cretica aus der Ophrys reinholdii-Gruppe bestäubt. Das ist ein schönes Breispiel dafür, wie die Evolution auf zwei räumlich getrennten Inseln wegen der Anpassung an denselben Bestäuber ähnliche Spezies hervorgebracht hat. Wie die Art selbst sind auch ihre Hybriden besonders attraktiv, aber oft nicht einfach zu erkennen. Bekannt sind Kreuzungen mit Ophrys attica (sofern man das Vorkommen dieser Art auf Zypern akzeptiert), Ophrys flavomarginata, Ophrys lapethica, Ophrys levantina, Ophrys mammosa und Ophrys umbilicata. Eine gut erkennbare Hybride zwischen Ophrys kotschyi und Ophrys mammosa legen wir als Zugabe bei. | |