Ophrys tenthredinifera
WILLDENOW 1805

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Blüten


Die Wespenragwurz ist eine besonders hübsche Orchidee, und dazu noch relativ weit verbreitet. Fast im gesamten Mittelmeerraum bis hinüber nach Hatay in der Türkei kommt sie vor, besonders im südlichen Mittelmeerraum ist sie häufig. Sie ist damit ein mediterran w+z+(o)-submediterranes Florenelement. Sie ist unverwechselbar und insbesondere an der stumpfen Säule zu erkennen. Die Art blüht relativ früh, bei warmer Witterung im Winter, wie beispielsweise in diesem Jahr auf Sizilien, bereits Ende Februar.

An den Standort stellt sie relativ geringe Ansprüche, nur zu trocken sollte es nicht sein. Sie kommt in Magerrasen, Garriguen, Macchien, und auch lichten Kiefernwälder, ja sogar in Olivenhainen auf basischen bis schwach sauren Böden vor. Auch ihr Höhenspektrum ist bemerkenswert. Sie gedeiht von Meereshöhe bis hinauf in rund 1.800 Meter über dem Meer. Die Chromosomenzahl beträgt 2n=36.

Ophrys tenthredinifera ist mit dem Ophrys fuciflora-Formenkreis verwandt und unterscheidet sich insbesondere durch das stumpfe Säulchen. Sie ist sehr nahe verwandt mit Ophrys tardans, Beide werden deshalb unter der Gruppe Ophrys tenthredinifera geführt. Es sind mehrere Sippen beschrieben worden, so unter anderem eine frühblühende aus Portugal ("praecox"), die bereits im Januar die ersten Blüten öffnet. Eine spät- und großblütige Variante wird unter "grandiflora" bzw. "ronda" von Algerien, Spanien, Portugal und Marokko beschrieben. Wir haben solche Pflanzen auch auf Mallorca gefunden. Da sie dort zusammen mit der Nominatform am gleichen Standort blüht, sind die Unterschiede gut zu erkennen. Der Vergleich zeigt, dass es sich um eine großblütige, eigenständige Unterart oder gar eine Art handeln muß. Besonders auffallend ist bei der großblütigen Form die grüne Basis der Narbenhöhle und ein dunkler Querbalken im oberen Drittel der Narbenhöhle. Während die großblütige Art am 05.04.1996 erst am Blühbeginn stand und eine grüne Blattrosette besitzt, war die normalblütige Wespe bereits weitestgehend verblüht, die Blätter eingezogen.

Ein weiteres interessantes Problem sei noch erwähnt. Auf Sardinien gibt es bekanntermaßen neben der endemischen Ophrys chestermanii auch Pflanzen, die in jüngster Zeit als Ophrys normanii beschrieben wurden. Sie sehen aus wie überdimensionierte Hybriden zwischen Ophrys chestermanii und Ophrys tenthredinifera. Hierzu ein kleiner Ausschnitt aus dem Reisebericht 2000:

.......Wir suchen die Böschung am Wegesrand ab und plötzlich sehen wir eine der typischen Ophrys normanii. Dann noch eine. Sie unterscheiden sich signifikant von Ophrys chestermanii und fallen sofort auf. Auch der Standort ist unterschiedlich. Während Ophrys chestermanii hier fast ausschließlich im Wald vorkommt, stehen die normanii nicht im Wald, sondern an offenen Böschung und Lichtungen, offensichtlich Zeichen unterschiedlichen Lichtbedarfs beider Arten.

Während wir so suchen entdecken wir auch ein Exemplar, das fast genauso aussieht wie Ophrys tenthredinifera, nur dreimal so groß! Sofort fallen mir die Wespen ein, die ich Jahre zuvor auf Mallorca entdeckte, zusammen mit der normalen Sippe. Die unterste Blüte ist verblüht und das Perigon ist tenthredinifera-typisch nach vorne über die Lippe geneigt. Hundertfach haben wir das im gesamten Mittelmeerraum schon gesehen, bloß eben nicht so groß. Geklärt ist damit natürlich nichts. Aber es könnte sein, dass es auf Sizilien eine großblütige Wespensippe oder gar -art gibt, eventuell sogar identisch mit der großblütigen Ophrys tenthredinifera "grandiflora" von den Balearen. Offensichtlich ist sie extrem selten. Die Hybriden dieser großblütigen Wespe mit Ophrys chestermanii allerdings könnten erfolgreich eine Nische gefunden haben. PAULUS und GACK haben festgestellt, dass Ophrys chestermanii den gleichen Bestäuber hat wie Ophrys normanii. Es könnte also durchaus sein, dass dies die Ausbreitung von Ophrys normanii gefördert hat. Möglicherweise ist die großblütige Ophrys tenthredinifera fast völlig in der Hybride aufgegangen.

Gegen die These, es handle sich "nur" um eine Hybride zwischen Ophrys chestermanii und der typischen Ophrys tenthredinifera spricht auch die riesige Lippengröße und das vergleichsweise häufige Vorkommen. Ophrys-Hybriden liegen in den Blütendimensionen immer zwischen den Eltern, ein Heterosiseffekt ist bislang nicht bekannt. Übrigens auch die Hybriden zwischen Ophrys chestermanii und Ophrys morisii liegen in der Blütengröße eher bei Ophrys morisii. Außerdem werden wir später noch zwei Pflanzen finden, die Merkmale beider Eltern tragen und auch in den Blütendimensionen zwischen ihnen liegen. Das sollten echte Hybriden sein zwischen der "normalen" Ophrys tenthredinifera und Ophrys chestermanii........

Sie sehen, auch bei einer so lange bekannten und scheinbar morphologisch gut abgegrenzten Art wie Ophrys tenthredinifera gibt es immer noch Untersuchungsbedarf.

Die Wespenragwurz neigt wie kaum eine andere Ragwurz zur Bastardbildung. Kommt sie mit anderen Ophrys-Arten gemeinsam vor, kann man mit Glück einzelne oder auch Gruppen von Hybriden finden, die in der Regel wegen der guten und stabilen Erkennungsmerkmale von Ophrys tenthredinifera recht gut zu identifizieren sind. In dieser homepage sind etliche dieser teilweise sehr schönen Hybriden abgebildet.
Normalblütige Variante

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Gedrungener Blütenstand

Blütezeit März/Anfang April

Stengeldurchmesser ca. 1mm

Lippenlänge ca. 14 mm

Sepalen ca. 1 cm lang, 0,6 cm breit

Petalen ca. 4 mm lang, 3 mm breit

Anhängsel ca. 2 mm lang, 1mm breit

Narbenhöhle (dunkel) braun ohne Querbalken

Höcker klein, meist in Lippenfarbe und behaart


Großblütige Variante

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Lockerer, gestreckter Blütenstand

Blütezeit April

Stengeldurchmesser ca. 2mm

Lippenlänge ca. 25 mm

Sepalen ca. 1,5 cm lang, 1 cm breit

Petalen ca. 6 mm lang, 6 mm breit

Anhängsel ca. 2 mm lang und breit

Narbenhöhle oben grün mit braunem Querbalken

Höcker größer, meist gelb und kahl



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Standort