Orchis provincialis
Balbis ex Lamarck und DC 1806

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Rhodos (GR), 27. März 2008


Nach etwas schwerer Kost bei den zurückliegenden Orchideen des Monats diesmal etwas einfacheres. Orchis provincialis gehört nämlich zu den gut erkennbaren und deshalb bereits relativ lang bekannten Arten. Das liegt zum einen an der hellgelben Blütenfarbe, wodurch schon vorneweg die meisten anderen Knabenkräuter ausscheiden. Die meist stark gefleckten und relativ dunkelgrünen, lanzettlichen Blätter und die fast immer vorhandenen kleinen roten Punkte auf der schafsnasenförmigen Lippe machen die Art dann vollends unverwechselbar. Allenfalls Orchis pauciflora wäre ein Verwechslungskandidat. Diese Art hat aber, wie der Name schon sagt, einen meist kleineren Blütenstand mit wesentlich weniger Blüten. Außerdem ist das Lippenzentrum dunkler gelb gefärbt als die Randbereiche der Lippe, die Blätter sind in der Regel ungefleckt und die Punkte auf der Lippe sind braun und weniger deutlich ausgeprägt.

Orchis provincialis hat ein erstaunlich großes Verbreitungsgebiet erobert. Es umfasst das gesamte Mittelmeergebiet mit einer Konzentration in der submeridionalen Zone. Außerdem kommt es noch in Kaukasien vor. Es ist damit ein mediterran submediterranes Florenelement. Der Name "Provence-Knabenkraut" ist insofern etwas missverständlich.

Der Knollengeophyt ist durchaus eine stattliche Erscheinung und auch wegen der hellgelben Blütenfarbe nicht zu übersehen. An guten Standorten kann man schon mal Exemplare mit bis zu 40 cm Höhe finden. Auch tritt sie gerne in größeren Beständen auf, Einzelexemplare sind relativ selten. Direkte Sonne mag sie nicht so sehr, lieber steht sie in lichten Laub- und Nadelwäldern, aber auch in Macchien und auf Bergwiesen, wo's dann etwas kühler ist. Bis hinauf auf 1.700 Meter über Meereshöhe wurde sie schon gefunden. Und noch etwas ist bemerkenswert: Im Gegensatz zu ihren Verwandten ist sie bezüglich des Kalkgehalts des Bodens relativ anspruchslos. So kommt sie nicht nur auf mäßig basenreichen, sondern auch auf mäßig sauren Böden vor. Auf letzteren fehlen dann aber in der Regel Begleitorchideen. Die Blütezeit reicht je nach Höhenlage und Exposition von April bis Juni.

Und noch etwas: In Reiseberichten und in der Literatur wird immer wieder von rotblütigen Orchis provincialis berichtet. Auch wenn es einige wenige Knabenkraut-Taxa gibt, bei denen sowohl rot- als auch gelbblütige Exemplare vorkommen, halten wir solche Meldungen für nicht nachvollziehbar. Bei solchen Funden dürfte es sich um Hybriden mit rotblütigen Knabenkräutern handeln, die immer wieder mal vorkommen. Apropos Hybriden: Innerhalb der Gattung Orchis sind Hybriden zwischen einer ganzen Reihe von Arten möglich. Das provencalische Knabenkraut macht da keine Ausnahme und hat, unter anderem wegen seines großen Verbreitungsgebiets und dem dadurch bedingten Kontakt zu einer ganzen Reihe von Knabenkrautarten, ganz unterschiedliche Partner im Programm. Das sind die Taxa Orchis anatolica, mascula, patens, pauciflora, pallens, morio, papilionacea, quadripunctata, tenera und spitzelii.

Mit den rotblühenden Arten entstehen dabei ganz wunderbare Farben von hellrosa (selten) bis tiefdunkelrot leuchtend. Einige Beispiele finden Sie in unserem Bildarchiv. Und lassen Sie sich nicht irritieren wenn Sie hören, dass Orchis-Hybriden zwischen rot- und gelbblühenden Vertretern insbesondere an der gelben Lippenbasis zu erkennen sind. Dies trifft zweifellos für Hybriden beispielsweise mit Orchis pauciflora und Orchis pallens alö gelbblühendem Elternteil zu, weil deren Lippenzentrum stark gelb gefärbt ist und deshalb bei den Hybriden durchschlägt, nicht aber für Hybriden mit Orchis provincialis. Bei diesen zeigt das Lippenzentrum in der Regel keinen auffallenden gelb-Einschlag, was an der insgesamt sehr hellen Tönung der Orchis provincialis-Blüten liegt.

Ein gutes Beispiel hiefür sind Hybridpopulationen zwischen Orchis provincialis und Orchis mascula subsp. mascula, die man immer wieder bei Vorkommen beider Elternarten finden kann. Zu erkennen sind sie meist an der leuchtender roten Blütenfarbe im Vergleich zur eher dunkelvioletten Tönung von Orchis mascula subsp. mascula. Da kann es schon mal Populationen geben, wo die Hybriden häufiger sind als die Eltern. Schwieriger sind Kreuzungen mit der gelbblühenden Orchis pallens zu erkennen, die beispielsweise aus der Drome gemeldet werden. Wir hatten jedenfalls mit der Identifizierung dort erhebliche Probleme. Hier wird immer wieder vergessen, dass man den Taxa einen gewissen Spielraum im Erscheinungsbild zugestehen muss.

Albinos sind uns keine bekannt, was weiter nicht verwundert. Kommen bei blau- oder rotblühenden Pflanzenarten aus allen Pflanzenfamilien und -gattungen weißblühende Einzelexemplare mehr oder weniger selten vor, sind Albinos bei gelbblühenden Pflanzenarten generell nicht bekannt. Offensichtlich ist der gelbe Blütenfarbstoff deutlich stabiler als beispielsweise die kompliziert aufgebauten roten Anthocyane, bei denen Störungen im Syntheseprozess eher möglich sind. Der Chromosomensatz der allogamen Nektartäuschblume beträgt 2n=42.

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Côte d'Azur (F), 18. Mai 1986


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Aude (F), Mai 1999


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Rhodos (GR), 27. März 2008


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Rhodos (GR), 27. März 2008