Dactylorhiza romana subsp. markusii | |
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Nach drei Vertretern der Gattung Ragwurz soll es diesmal wieder ein Knabenkraut sein. Das Knabenkraut des Dr. Markus, einem der Leibärzte der russischen Kaiserin Charlotte von Preußen (die "weiße Rose Preußens"), gehört zur Gruppe der Römischen Knabenkräuter. Während die Subspezies romana mit 17-25 mm sehr lange und steil nach oben gerichtete Sporne hat, sind diese bei der Subspezies markusii mit nur 7-15 mm Länge deutlich kürzer. Da die unterschiedliche Spornlänge das einzige wirklich signifikante Unterscheidungsmerkmal ist (das manchmal ebenfalls herangezogene Verhältnis zwischen Lippenbreite und -länge halten wir für problematisch), treten manchmal doch Bestimmungsprobleme auf. Dies gilt insbesondere dort, wo sich die Vorkommen überlagern und Hybridschwärme auftreten. Ein wenig hilft da noch die Blütenfarbe. Während die nämlich beim römischen Knabenkraut gelb bis violett-rosa mit allen Zwischentönen ist, blüht die Schwefelgelbe Fingerwurz - so wir die Subspezies markusii auch genannt - immer gelb. Zwar wird in der Literatur immer wieder von einzelnen rot blühenden Markus-Knabenkräutern berichtet. Diese Meldungen halten wir vor dem Hintergrund unserer Erfahrungen mit Hybriden für wenig überzeugend. Hier dürfte es sich um Bastarde mit rot blühenden Römischen Knabenkräutern handeln. Da kann dann schon mal der kurze Sporn des Markus Knabenkraut durchschlagen. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Hybriden auch bei charakteristischen Merkmalen immer relativ genau zwischen den Eltern stehen. Oft überwiegt der eine oder der andere Elter mehr oder weniger deutlich, was die Identifizierung als Hybride natürlich erschwert. Ein weiteres Indiz für diese Vermutung findet man in Sizilien, wo beide Subspezies in schönen Beständen vorkommen. Im südlichen und zentralen Teil der Insel überwiegt Dactylorhiza romana subsp. romana, wobei die rot blühenden Exemplare eindeutig in der Überzahl sind. Sehr schön sieht man das am Fuße des Ätnas, wo das römische Knabenkraut zu Tausenden wächst und den Waldboden stellenweise rot färbt. Im nördlichen Teil der Insel dagegen, insbesondere den Gebirgszügen der Madonie und Nebrodi, kommen nur gelb blühende Pflanzen vor, die zu über 95 % zur Subspezies markusii zu zählen sind. Das Schwefelgelbe Knabenkraut wurde bereits 1817 als Orchis markusii erstmals erwähnt. Seither musste es viele Taufen über sich ergehen lassen. Hier eine Auswahl der vergebenen Namen: Orchis pseudosambucina subsp. markusii, Orchis sulphurea var. markusii, Orchis sulphurea, Orchis sicula, Orchis mediterranea subsp. siciliensis und Dactylorhiza sambucina subsp. siciliensis. Der Artrang Dactylorhiza markusii wurde 1981 kreiert und wird von einigen Autoren auch weiterhin verwendet. Der Rang einer Subspezies von Dactylorhiza romana, den auch wir bevorzugen, scheint sich allerdings durchzusetzen. Generell ist zu sagen, dass das römische Knabenkraut relativ weit verbreitet ist, während Dactylorhiza romana subsp. markusii ein kleineres Verbreitungsgebiet hat und viel seltener zu finden ist. Es ist ein westmediterranes Florenelement, das neben Sizilien auch in Portugal, Spanien, Marokko, Nordalgerien und in Kalabrien vorkommt. Es hat eine hohe Affinität zu sauren Böden, auch das ein Unterscheidungsmerkmal zur Subspezies romana, die zwar auch auf sauren Böden vorkommt, aber ebenso auf Kalksubstraten, beispielsweise am Monte Gargano oder in Kroatien. Wir verweisen an dieser Stelle auf unseren Bericht zur Subspezies romana (Orchidee des Monats November 2009). Die Schwefelgelbe Fingerwurz wächst auf frischen bis mäßig feuchten Bergwiesen und insbesondere in lichten Wäldern. Volle Sonneneinstrahlung mag sie nicht so recht. Auch zu warm sollte es nicht sein, deshalb findet man sie nur sehr selten unterhalb 700 Höhenmeter. Dafür kann man sie auch noch auf rund 2.000 Höhenmetern antreffen, wenn gleich meist nicht in großen Stückzahlen. Bei dieser großen vertikalen Verbreitung nimmt es nicht Wunder, dass die Blütezeit von März bis Juni reicht. Mitte April ist für Mittelgebirgslagen eine gute Besuchszeit. Wie die meisten Knabenkräuter neigt auch das schwefelgelbe zur Hybridbildung. Dies gilt insbesondere für die Subspezies romana und insularis, aber auch mit dem Holunderknabenkraut geht sie schon mal eine Beziehung mit Folgen ein. Übrigens: Ab und an wird auch von Hybriden zwischen Vertretern der Gruppe Orchis und Dactylorhiza berichtet. Nach unseren Erfahrungen und neuesten genetischen Untersuchungen ist grundsätzlich zweifelhaft, ob es solche Verbindungen überhaupt geben kann. Findet man solche vermeintlichen Mischformen, sollte man also genauer hinsehen, bevor man sich auf eine Gattungshybride festlegt. | |