Serapias neglecta subsp. istriaca | |
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Wenn Sie unsere Seite regelmäßig besuchen, wird es Ihnen spätestens jetzt aufgefallen sein, wo unser diesjähriger Exkursionsschwerpunkt liegt. War schon die letzte Orchidee ein Endemit Istriens, trifft das auch diesmal auf den istrischen Zungenständel zu. Bingo, Istrien ist die richtige Antwort. War nicht schwer zu erraten, oder? Zungenständel, sollte man meinen, sind eigentlich gut zu identifizieren. Wer sich näher damit beschäftigt, muss aber feststellen, dass es auch innerhalb dieser Gattung problematische Taxa gibt. Alles andere wäre auch eine Überraschung. Dies geht soweit, dass in manchen Fällen eine genaue Zuordnung schlicht nicht möglich ist. Ganz so problematisch ist unsere Orchidee des Monats zwar nicht, dennoch ist die Abgrenzung zu Serapias cordigera, deren Hauptblütezeit sich mit der des Istrischen Zungenständels deckt und die im Verbreitungsgebiet ebenfalls vorkommt, oft nicht ganz einfach. Serapias neglecta subsp. istriaca ist eine vergleichsweise junge Art. Trotzdem hat sie schon wenigstens drei Namen, das ist schon beachtlich. Gültig beschrieben wurde sie 1998 von M.L. Perko in den Berichten der Arbeitskreise heimische Orchideen 15 (2) in einem Aufsatz mit dem Titel: "Ergänzungen zur Flora von Istrien (Kroatien/Hrvatska)". Perko verlieh damals diesem Taxon den Artrang, während es Kreutz 2004 als Serapias vomeracea subsp. neglecta in den Unterartrang zurückstufte. In den Orchideen Europas von Baumann, Künkele und Lorenz wird das Taxon als Unterart von Serapias neglecta gelistet. Ganz schlüssig sind alle diese Einstufungen für uns nicht. Soll man so was an der Tatsache festmachen, dass die Hinterlippe in ausgebreitetem Zustand die Vorderlippe überlappt, was man nur dann sicher feststellen kann, wenn man eine Blüte zerlegt? Warum nicht eine Unterart von Serapias cordigera oder Serapias orientalis? Zieht man das Erscheinungsbild heran – und was sollte man denn sonst als beobachtender Orchideenfreund bei der Gattung Serapias tun? – dann hätten wir sie schon wegen der Grundfarbe von Blüten und Blütenstand und der breiten Lippe zu Serapias orientalis gestellt. Wir sind nämlich der Meinung, dass niemand den Schwindel merken würde, brächte man solche Exemplare ins Verbreitungsgebiet von Serapias orientalis. Sei es wie es sei. Der istrische Zungenständel hat ein vergleichsweise kleines Verbreitungsgebiet, denn er kommt nur im südlichen Istrien und auf der Insel Losinj vor. Dies, und auch das Erscheinungsbild könnte darauf hindeuten, dass die Art hybridogenen Ursprungs ist und aus Serapias cordigera subsp. cordigera und Serapias vomeracea s.l. entstanden ist. Ansonsten gibt’s nicht viel zu sagen über diese Unterart. Sie blüht relativ spät von Mitte Mai bis Mitte Juni, meist zur selben Zeit wie Serapias cordigera. Und wenn sie vorkommt, dann oft in kleineren bis größeren Beständen, so zum Beispiel im Naturschutzgebiet Kamenjak an der Südspitze Istriens. Sie steht vollsonnig auf trockenen, kalkreichen Rasen meist vergesellschaftet mit anderen Orchideentaxa. Weiter von der Küste entfernt sucht man sie vergeblich, so nimmt es nicht Wunder dass die Höhenverbreitung bereits bei 100 Metern endet. Apropos trockener Standort: Zu trocken darf’s dann doch nicht sein. Das Jahr 2007 war deshalb auch für dieses Taxon nicht gerade einfach. In Istrien fiel vor der Blütezeit der attraktiven Unterart über 5 Wochen kein Regen. Kein Wunder, dass nur rund 10 % des üblichen Bestandes zur Blüte kam, und davon wieder ein beachtlicher Teil der Pflanzen nicht gerade stattlich ausfiel, um das Wort "mickrig" zu vermeiden. Enttäuscht darf man da als Orchideenfreund nicht sein. So ist eben Natur. Und wenn man lang genug sucht, findet man doch noch das Exemplar, das man sich gewünscht hat. Nächstes Jahr ist’s dann wieder besser, wahrscheinlich, und man kann ein richtiges Bad nehmen. Neben möglichen Farbvarianten bis hin zum Albino - der übrigens bei allen Zungenständeln weiß ausfällt, weil keine gelben oder grünen Farbstoffe in der Blüte sind - gibt es natürlich auch Hybriden. Wegen des vergleichsweise kleinen Verbreitungsgebiets und des beschränkten Angebots möglicher Eltern kennen wir allerdings nur Kreuzungen mit Serapias cordigera subsp. cordigera und mit Serapias lingua, die oft mit dem istrischen Zungenständel zusammen vorkommt. Gerade Hybriden mit Serapias lingua sind gar nicht so selten und haben mit Serapias x pulae sogar einen eigenen Namen, wobei wir keinen Hehl daraus machen, dass eine Namensgebung für Hybriden eigentlich entbehrlich ist. Zu erkennen sind diese Hybriden meist zweifelsfrei: Erstens liegt der Blühzeitpunkt zwischen der frühblühenden Serapias lingua und der späten Serapias neglecta subsp. istriaca. Will heißen, dass man am Besten nach ihr sucht, wenn Serapias lingua schon verblüht ist. Dann ist auch die Blütenfarbe auffällig, die stärker ins leuchtend violette tendiert, während bei Serapias lingua eher warme Rot-Töne vorherrschen. Das sicherste Erkennungszeichen offenbart sich aber beim Blick in die Blüten. Während nämlich Serapias neglecta subsp. istriaca zwei schmale und auseinander stehende Schwielen am Lippengrund besitzt, hat Serapias lingua nur eine dicke, tropfenförmige in der Mitte des Lippengrundes. Ergo liegt die Hybride dazwischen mit einer dicken, in der Mitte gespaltenen Schwiele, gut zu sehen auf der vergleichenden Abbildung links. | |