Ophrys hebes | |
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Wir wenden uns Griechenland zu. Außer Schulden und Streik gibt es dort auch eine ganze Reihe attraktiver Orchideenarten, eine davon ist Hebes Ragwurz. Taxonomisch durchaus umstritten, was auch an der relativ großen Bandbreite im Erscheinungsbild liegt. Die französischen Kollegen sagen dazu treffend: espèce variée. Charakteristisch ist die starke Lippenwölbung und das stark zergliederte Mal, Eigenschaften, die eben nicht immer zutreffen. Morphologisch ähnlich und damit verwechselbar sind insbesondere Ophrys sphegodes subsp. zeusii, Ophrys aesculapii, aber auch Ophrys sphegodes subsp. epirotica und Ophrys sphegodes subsp. cephalonica. Ganz abgesehen davon, dass die von den meisten Orchideenfreunden im Rang der Unterart geführte Ophrys hebes subsp. negadensis das Ganze nicht gerade einfacher macht. Aus eigener Erfahrung lassen sich die genannten Arten mit Ausnahme der Subspezies negadensis einigermaßen sicher unterscheiden. Vorausgesetzt, man betrachtet gesamte Populationen und nicht einzelne Pflanzen oder Hybridbestände und man beachtet die unterschiedlichen Blühtermine. Die Subspezies negadensis allerdings hat uns doch sehr zu schaffen gemacht. Entweder ist die Differenzierung nicht gerechtfertigt, oder aber die Art blüht so deutlich später, dass wir sie bei unserem Besuch im April 2011 gar nicht blühend vorfanden und deshalb auch nicht studieren konnten. Dass das tatsächlich ein Problem ist können sie schon daran sehen, dass Baumann et al. das Taxon "negadensis" als Synonym zu Ophrys sphegodes subsp. zeusii betrachten. Ein weiteres Indiz liefert Delforge. Nach seiner Meinung kommt Ophrys negadensis möglicherweise auf dem Peloponnes gar nicht vor und die Pflanzen dort gehören alle zu Ophrys hebes, eine Auffassung, der wir folgen können. Wie dem auch sei, die ganze Ophrys mammosa / sphegodes-Gruppe macht in Griechenland Probleme, genauso wie auch der Ophrys oestrifera-Komplex (im weitesten Sinne), während die andernorts meist problembehaftete Ophrys fusca / subfusca-Gruppe in Griechenland vergleichsweise übersichtlich ist. Bleiben wir bei Ophrys hebes und der Systematik. Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Während Sundermann in einem der ersten Bestimmungsbücher über europäische und mediterrane Orchideen die 1975 im Artrang beschriebene Ophrys hebes noch unter dem Kapitel Ophrys sphegodes subsp. aesculapii erwähnt, stellte Delforge das Taxon im Artrang in die Ophrys mammosa-Gruppe. Für Baumann et al hingegen ist das Taxon eine Unterart von Ophrys sphegodes. Stellt sich natürlich die Frage, wie sicher denn die ganzen Bestimmungsschlüssel innerhalb der Gruppen sind, wenn man schon bei der Aufspaltung in Gruppen unterschiedlicher Meinung sein kann. Buttler, um die Meinungen zu vervollständigen, führt das Taxon im Artrang, bemerkt aber selbstkritisch: Es ist zu prüfen, ob diese Sippe von Ophrys sphegodes (vor allem Unterart epirotica) stets gut abgegrenzt ist. So, ist jetzt alles klar? Und was machen wir in www.orchis.de? Wir halten es diesmal mit Kreutz und verleihen den Rang einer Art. So kann man das Problem auch lösen. Beim Verbreitungsgebiet dagegen herrscht weitgehend Einigkeit. Es reicht von Montenegro bis in den zentralen Peloponnes, so dass wir es hier mit einem ost- und zentral-mediterranen, ost- und zentral-submediterranen Florenelement zu tun haben. Stark besonnte Flächen und tiefe, heiße Lagen mag das Taxon gar nicht, man findet es am ehesten in lichten Wäldern und Gebüschen in Mittelgebirgslagen, wo es dann auch mal in größeren Beständen vorkommen kann. Die höchsten Vorkommen liegen immerhin auf rund 1.700 Meter über dem Meer. Der Boden sollte kalkhaltig und nicht zu trocken sein. Die Blütezeit reicht von März bis Juni mit einer Hauptblütezeit Mitte April. Als Bestäuber wird Andrena symphiti angegeben. Hybriden gibt es mit Sicherheit, sie sind aber wegen der großen Bandbreite im Erscheinungsbild oft schwer oder auch gar nicht zu erkennen. Die gilt beispielsweise für Ophrys sphegodes subsp. zeusii, mit der sie gelegentlich zusammen vorkommt. | |