Dactylorhiza maculata
(Linné) Soo 1962

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Dolomiten, Juli 1998


Das gefleckte Knabenkraut hat einen trefflichen Namen, denn seine Blätter sind fast immer deutlich dunkel gefleckt. Wer aber meint, dass gefleckte Blätter automatisch zu Dactylorhiza maculata gehören, der irrt. In Europa gibt es nämlich noch andere Arten mit der charakteristischen Fleckung auf den Blättern. Diese können aber wegen anderer Merkmale gut von unserer Orchidee des Monats unterschieden werden. Da ist z.B. Dactylorhiza majalis. Auch sie hat fast immer mehr oder weniger stark gefleckte Blätter, die jedoch sehr viel breiter und zahlreicher sind als bei Dactylorhiza maculata. Und auch zwei besondere Formen von Dactylorhiza incarnata, einmal mit oberseits gefleckten Blättern (Var. haematodes), zum anderen mit beidseitig gefleckten Blättern (Var. hyphaematodes) sind schon allein an den Blüten gut vom gefleckten Knabenkraut zu unterscheiden.

Eine "gute" Art ist Dactylorhiza maculata dennoch nicht. Innerhalb der Orchideensociety gibt es schon seit Jahren einen Dissens, ob denn Dactylorhiza maculata zweifelsfrei von Dactylorhiza fuchsii zu unterschieden ist. Manche sagen, na klar doch, maculata hat ein schmal lanzettliches, zugespitztes Grundblatt, während fuchsii ein breit zungenförmiges, dem Boden aufliegendes hat. Andere betrachten beide "Arten" als Subspezies, für andere wiederum ist es schlicht das gleiche und Grundblatt und auch der lang vorgezogene Mittellappen der Lippe kein Art gebendes Merkmal. Tatsache ist, dass es innerhalb der Bestände sowohl die einen als auch die anderen Typus vorkommt, allerdings mit unterschiedlichen Dominanzen. Nun, wir haben uns entschlossen, den Mittelweg zu nehmen und beide als Subspezies zu Dactylorhiza maculata zu stellen. Typische "fuchsii" haben wir ebenso im Bildarchiv abgebildet als "maculata“.

Dactylorhiza maculata ist eine vergleichsweise weit verbreitete Art. Man findet sie in weiten Teilen von West-, Nord- und Mitteleuropa, nach Osten bis Sibirien! Die Grenze nach Süden ist wegen der Verwechslung mit ähnlichen Taxa bislang noch nicht eindeutig geklärt. In Deutschland zählt sie zu den vergleichsweise häufigen Orchideenarten. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Hochgebirgssippe, die auch in Deutschland, beispielsweise im Feldberggebiet vorkommt. Dort trifft man in alpinen Rieselfluren und Flachmooren auf auffallend kleinwüchsige Pflanzen mit kleineren Blättern und Blüten. Diese Pflanzen werden von manchen Autoren als Dactylorhiza fuchsii ssp. psychrophila bezeichnet. Vorkommen soll sie in den Alpen, dem Alpenvorland, im Schwarzwald, Erzgebirge, Thüringer Wald und im Harz.

Dactylorhiza maculata ist eine sehr gesellige Art. Nicht, dass man sie nicht auch mal vereinzelt finden könnte. Aber in der Regel bildet sie an ihren Standorten größere Bestände, die durchaus auch sehr beeindruckend sein können. Ein Beispiel haben wir erst vor wenigen Wochen in Österreich gefunden und mitgebracht, siehe Foto. Gerade bei so großen Beständen kann man sehr gut die große Variabilität der Art beobachten. Sogar Exemplare ohne Flecken auf den Blättern oder ohne die sonst so charakteristische Lippenzeichnung kommen immer wieder vor, ganz ohne Beteiligung einer anderen Art versteht sich.

Dactylorhiza maculata wächst meist zusammen mit anderen Orchideenarten, z.B. Dactylorhiza majalis, Platanthera bifolia, Dactylorhiza sambucina, Dactylorhiza incarnata, Coeloglossum viride sowie mit Pseudorchis albida und Gymnadenia conopsea, mit der sie sehr selten und vereinzelt Gattungsbastarde bildet. Ihre Höhenverbreitung ist beachtlich, reicht sie doch von Meereshöhe bis hinauf in über 2.500 Metern Höhe. Das macht ihr so schnell keine andere Orchideenart nach. Sie blüht in Deutschland von Ende Mai bis Ende Juli (Höhere Gebirge) und gehört damit zu den vergleichsweise spät blühenden Arten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Orchideenarten, die an den Kalkgehalt relativ hohe Anforderungen stellen - in positiver wie in negativer Richtung – ist es dem gefleckten Knabenkraut relativ egal, ob unter ihr Kalk- oder Urgebirgsgestein liegt. Nur direkte Sonne und vor allem trockene Böden sind nicht ihr Ding. Da verwundert es immer wieder, sie gelegentlich in einzelnen Exemplaren sogar auf Halbtrockenrasen zu finden. Dort sieht man es ihnen allerdings meist an, dass es nicht das Paradies ist. Interessant ist übrigens der vergleichsweise hohe Fruchtansatz, den die Art auch ohne Duft oder Nektar erreicht und damit zu den echten Täuschblumen gehört. Es wird vermutet, dass sich Blüten besuchende Insekten an den Papillen des Sporns und der Lippe sowie an der klebrigen Narbe laben. Bestäuber sind verschiedene Hymenopteren, Dipteren und Coleopteren. Der Chromosomensatz beträgt bei fuchsii meist 2n=40, bei maculata meistens 2n= 80, aber eben nur meistens.

Die Knabenkräuter bilden, wie schon mehrfach in dieser Rubrik berichtet, hier und da Hybriden. Dies kann soweit gehen, dass an bestimmten Standorten der eine Elter ganz verschwunden ist und nur noch der zweite Elternteil und die Hybride da sind. Oder aber es ist gar nur noch die besonders angepasste Hybride übrig geblieben. So was wird dann meist als Hybridpopulation in den Reiseberichten vermerkt. Dieses Phänomen erschwert die eindeutige Bestimmung innerhalb der Populationen manchmal ganz gehörig. In besonderen Fällen behaupte ich, dass eine eindeutige Zuordnung allein nach morphologischen Merkmalen nicht möglich ist. Dies gilt insbesondere bei ähnlich aussehenden Arten und wird auch noch durch die oft große Bandbreite der "Arten" erschwert. Besonders auffällig sind Hybriden zwischen gelb- und rot blühenden Arten. Sie sind meist an der Mischfarbe und der gelben Lippenbasis gut zu erkennen. Wenn Sie in unserem Bildarchiv stöbern, werden Sie das eine oder andere Beispiel dafür finden.

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Seebergsattel (A), 8.7.2006


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Seebergsattel (A), 8.7.2006


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Seebergsattel (A), 8.7.2006


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Schwäbische Alb, Juli 1999 („fuchsii“)