Gymnadenia conopsea | |
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Heute soll's mal etwas leichtere Kost sein. Nachdem wir mit Gymnadenia odoratissima die kleine Schwester als Orchidee des Monats bereit beschrieben haben, ist nun die in allen Teilen deutlich stattlichere Grosse Händelwurz an der Reihe. Die Art ist recht gut zu bestimmen und selbst den Orchideenanfängern zumindest in Mitteleuropa und den Alpen meist geläufig. Das hat mehrere Gründe. Abgesehen davon, dass diese stattliche Erscheinung kaum zu übersehen ist, tritt sie an ihren Vorkommensplätzen meist in größerer Zahl auf. Dies kann - insbesondere in Gebieten mit kalkarmem Untergrund - soweit gehen, dass die Wuchsorte schon von weitem durch ihre rosa Farbe auffallen. Beispiele hierfür sind der Puflatsch in Südtirol, die Karnischen Dolomiten oder die Schwäbische Alb. Dann gibt es auch vergleichsweise wenig taxonomische Diskussionen. Es ist noch nicht so lange her, da gab es neben der Nominatform noch eine später blühende, vielblättrige und insgesamt noch stattlichere Varietät densiflora, das war's dann auch schon. Dworschak hat dann 2002 etwas Bewegung in das Thema Händelwurz gebracht und verschiedene Arten bzw. Unterarten beschrieben. Sie sollen sich in Blühzeitpunkt, Habitus und Geruch unterscheiden. Auch wenn nicht abgestritten werden kann, dass es unterschiedlich in Erscheinung tretende lokale Ausprägungen gibt und Pflanzen in den Bergen oft gedrungener wachsen ("alpina"), können wir uns der Aufspaltung in verschiedene Arten oder Unterarten nicht so recht anschließen. Solange es keine weitergehenden statistisch abgesicherten Untersuchungen gibt, bleiben wir bei den beiden Varietäten conopsea und densiflora, wobei selbst diese Unterscheidung von einigen Kolleginnen und Kollegen in Zweifel gezogen wird. Apropos Berge: Auch dort - zum Beispiel in den Dolomiten - sind nach unserer Auffassung beide Varietäten anzutreffen. Allerdings nur bei anstehendem Kalkgestein. Auf Urgebirgsgestein sucht man die Varietät densiflora dagegen vergeblich. Die Mücken-Händelwurz - wie sie auch genannt wird - ist in Europa und Vorderasien verbreitet, im Süden bis in die Gebirge Südspaniens, Süditaliens und den Peloponnes. Ostwärts erreicht sie den Himalaya, und selbst aus Korea und Japan wird sie gemeldet. In Mittel- und Süddeutschland gehört sie zu den häufigsten Orchideenarten überhaupt. Sie ist relativ anspruchslos und deckt ein relativ breites ökologisches Spektrum ab. Man findet sie auf Bergwiesen, in Halbtrockenrasen (Wacholderheiden!), Flach- und Quellmooren und in lichten Wäldern vom Flachland bis über 2.800 Meter über dem Meer. Sie steht meist vollsonnig auf mäßig trockenen bis nassen Böden und blüht je nach Vorkommensort von Mai bis in den August. Während Exemplare mit reinweißen Blüten immer mal wieder vorkommen, gehören Hybriden zu den besonderen Raritäten, mit zwei Ausnahmen. Da wäre zum Einen die Kreuzung mit Gymnadenia odoratissima, wobei auch die deutlich seltener eindeutig diagnostiziert werden kann als oft behauptet wird. Zum anderen stehen sich Händelwurz und Kohlröschen relativ nahe. Bei gemeinsamen Vorkommen von Gymnadenia conopsea und Nigritella rhellicani ist eigentlich immer mit Hybriden zu rechnen (= X Gymnigritella suaevolens): Sie sind weit häufiger noch als mit Gymnadenia odoratissima und schon an der leuchtenden Farbe und den kreuz und quer stehenden Blüten fast immer gut zu erkennen. Diese Neigung zur Hybridisierung wird übrigens von einigen Orchideenfreunden (neben genetischen Untersuchungen) als Beleg dafür angesehen, dass die Gattung Nigritella zu Gymnadenia gestellt werden sollte. Wenn man dieser Linie folgt, wären diese Hybriden interspezifisch und nicht wie bislang intergenerisch. Wir konnten uns bislang nicht dazu durchringen, in wesentlichen Merkmalen morphologisch zu unterschiedlich sind Kohlröschen und Händelwurze. Andere Kreuzungen kommen dagegen eher selten vor. Zu den ausgesprochenen Raritäten gehört die Kreuzung mit Pseudorchis albida, die wir während der letzten 35 Jahre Orchideensuche insgesamt nur an zwei Stellen in Österreich fanden, zuletzt 2014 in den Karnischen Dolomiten. Nicht ganz so seltene, aber dennoch ganz besondere Highlights sind Mischungen mit Vertretern der Gattung Dactylorhiza. Ungemein erfreut waren wir, als wir in diesem Jahr in Südtirol die seltene Hybride zwischen Gymnadenia conopsea und Dactylorhiza incarnata subsp. incarnata in zwei Exemplaren bestaunen konnten. Sie können das ebenfalls, wenn sie unser Bildarchiv aufrufen. Besucht wird die Mücken-Händelwurz insbesondere von langrüsseligen Tagfaltern, Eulen und Schwärmern. Die Chromosomenzahl beträgt 2n=40, 80, 100 oder 120. | |