Epipactis rhodanensis |
A. Gevaudan et K. Robatsch 1994
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Jetzt wird es Zeit, unserem Archiv der Orchideen des Monats eine weitere Stendelwurzart hinzuzufügen. Mit vielen sogenannten Arten dieser Gattung haben wir Probleme. Relativ gut zu identifizieren ist allerdings die Rhône-Stendelwurz. Da sind zum einen die relativ kleinen, hängenden Blütchen, die sich in der Regel wenig öffnen und selbst bestäuben. Auch die Blätter und deren Stellung sind zum Beispiel im Vergleich mit Epipactis helleborine signifikant verschieden. Sie sind deutlich kleiner, glänzen nicht so stark und sind lockerer am Stängel verteilt. An ihren Wuchsorten findet man selten sterile Triebe, selbst die kleinsten Pflanzten tragen wenigstens einige wenige Blüten. So findet man neben stattlichen, bis 70 cm hohen und reichblütigen Pflanzen auch recht kümmerliche Exemplare, die man im Unterwuchs meist übersieht. Gut zu sehen ist das bei dem abgebildeten Habitus, wo neben der stattlichen Pflanze in der Bildmitte links vorne noch ein kleines Pflänzchen zu erkennen ist, das ebenfalls Blüten trägt. Ein weiteres gutes Erkennungsmerkmal ist der Standort. Die Art kommt offensichtlich ausschließlich in der unmittelbaren Nähe fließender Gewässer vor. Es sind meist Galerie- und Auwälder sowie Hochwasserdämme 0,5 bis 1,5 Meter über Normalwasserstand. Es sind in der Regel gestörte Biotope, die manchmal überflutet werden. Unsere Aufnahmen beispielsweise entstanden am nordseitigen Uferdamm des Inns in Innsbruck. Hier wächst die Art in einer ausgesprochen nitrophytischen Krautschicht aus Giersch, Brennnessel und anderen Stickstoffzeigern unter Ulmen, Eschen, Weiden, Erlen, Pappeln, Ahorn und anderen typischen Auwaldbäumen (siehe Fotos). Es sind Standorte, wo man normalerweise Orchideen vergeblich sucht. Die Rhône-Stendelwurz wurde, wie der Name vermuten lässt, zuerst von der Rhône beschrieben, ist mittlerweile aber auch von anderen Flussläufen von den Pyrenäen, den Französischen Alpen, den Cevennen, dem Französischen Jura und der Schweiz bekannt. Selbst in Bayern (Passau) und Österreich gibt es jetzt Fundorte. Sie liegen alle entlang von Flüssen und Bächen bis in einer Höhe von rund 1.600 Metern. Es wird erwartet, dass Epipactis auch an anderen deutschen Strömen wie beispielsweise dem Rhein zu finden ist. Die Art wächst im Halbschatten, teilweise auch voll beschattet. Längere Besonnung mag sie nicht. Der Untergrund ist, dem Standort entsprechend, sandig, tonig und mehr oder weniger kalkhaltig und infolge der Überspülungen oft von Sedimenten bedeckt. Auch der Blühzeitpunkt unterscheidet die Art von Epipactis helleborine. Er beginnt bereits Mitte Juni und erstreckt sich bis Mitte Juli und liegt damit gut 4 Wochen vor Epipactis helleborine, mit der sie sogar gelegentlich zusammen vorkommt und Hybriden bilden kann. Interessant ist eine helle Variante, die sehr selten in den Beständen der Normalform zu finden ist. Sie wird als Var. blanche bezeichnet und soll rund 1-3 Wochen später blühen. Dieser Varietät fehlt der rosa Farbton, das Hypochil ist innen grün und nicht braun, Fruchtknoten und Stängel sind im Gegensatz zur Normalform kaum behaart und die Blätter sind kleiner. Diese Merkmale lassen darauf schließen, dass es sich nicht bloß um albinotische Formen handelt, sondern der Status einer Varietät gerechtfertigt ist. | |