Cephalanthera rubra
(Linné) L.C.M. Richard 1817

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Blüten


Das Rote Waldvögelein ist eine attraktive Orchidee, die schon vor über 200 Jahren beschrieben wurde. Auch wenn man sie schon viele Male gesehen hat, so erfreut uns jeder Fund aufs neue. Sie ist weit verbreitet: In Europa, Nordafrika und Vorderasien von der temperaten Zone bis in den meridionalen Bereich, im Norden bis Südskandinavien, außerdem im Kaukasus und bis Nord- und Westpersien, wo sie gemeinsam mit anderen Vertretern der Gattung Cephalanthera vorkommt und - wenn auch selten - Hybriden bildet. Im atlantischen und pontischen Florengebiet ist sie allerdings sehr selten. Man findet sie in sonnigen, warmen Lagen, lichten Laubmischwäldern, aber auch in Kiefernwäldern, an Waldrändern und Hecken, und gern auch an Straßenböschungen, wie zum Beispiel an der Südabfahrt des Vrsicpasses in Slowenien, wo die Art zu Hunderten vorkommt, als hätte man sie dort für die Autofahrer angepflanzt.

In Deutschland ist sie eine Zierde der Laubwälder und Waldlichtungen. Sie bevorzugt die offeneren Bereiche im Gegensatz zu ihrer Schwester, dem Weißen Waldvögelein, die eine Charakterart des Orchideen-Buchenwaldes ist und das schattige Waldinnere bevorzugt. Immer mal wieder, zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb, kann man sie an wärmebegünstigten Stellen finden. Das zeigt schon, dass sie basenreiche, meist kalkreiche Böden bevorzugt.

Anders als beim Weißen Waldvögelein, dessen Blüten meist mehr oder weniger geschlossen bleiben, öffnet das Rote Waldvögelein seine Blüten vollständig, so dass der Blütenaufbau bei dieser Gattung gut studiert werden kann. Zu erkennen sind beispielsweise die charakteristischen 7 bis 15 bräunlich-gelben Längsleisten auf dem Epichil. Das Rote Waldvögelein ist damit eigentlich unverwechselbar und auch von Laien gut anzusprechen. Wie die anderen, in Süddeutschland vorkommenden Waldvögelein besitzt auch das Rote keinen Sporn und lässt sich so gut vom ebenfalls rot blühenden bespornten Kurdischen Waldvögelein (Cephalanthera kurdica) unterscheiden, mit dem sie in der Türkei manchmal zusammen vorkommt.

Die Blüten sind, voll ausgebreitet, mit fast 5 Zentimetern Breite für eine mitteleuropäische Wildorchidee verhältnismäßig groß. Kein Wunder, dass sie gerne gepflückt wird, unter anderem auch deshalb, weil sie gerne entlang der Wegränder wächst, wo etwas mehr Licht zur Verfügung steht als im dichten Buchenwald. Und auch für das Wild, insbesondere Rehwild, ist die Art ein regelrechter Leckerbissen. So findet man immer wieder Bestände, bei denen die Blütenstände abgefressen sind.

Die Blütezeit liegt in südlicheren Breiten (beispielsweise in der Türkei) im Mai, in Mitteleuropa im Juni, und in höheren Lagen (Alpen), wo sie bis hinauf auf 2.000 Meter Höhe steigt, Ende Juni bis Mitte Juli. Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32,36, (44). Interessant ist übrigens das Fortpflanzungsverhalten. So wird das Rote Waldvögelein durch verschiedene Hymenopteren-Arten bestäubt, die die Blüten wohl irrtümlich aufsuchen. Für diese Hautflügler soll das Rote Waldvögelein in Duft und Farbe der pfirsichblättrigen Glockenblume ähneln, die häufig in der Nähe wächst (Presser 2000). Sollte dennoch einmal der Insektenbesuch ausbleiben, auch kein Problem. Dann bestäuben sich die Blüten eben selbst. Ziemlich praktisch, oder?

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Blüten


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Blütenstand


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Habitus


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Standort