Cypripedium calceolus |
Linné 1753
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Jetzt wird es aber höchste Zeit für die Orchidee schlechthin, zumindest mal aus deutscher Sicht. Laufen die meisten Wanderer und Spaziergänger an Ragwurzen und selbst Knabenkräutern vorbei, ohne sie als Orchidee zu erkennen, ist das beim Frauenschuh anders. Er ist es, mal abgesehen von den verschiedenen Phalenopsis-Züchtungen der Gärtnereien, den die meisten mit dem Begriff "Orchidee" in Verbindung bringen. Dies liegt sicherlich an der ungewöhnlichen Form der Blüten, die tatsächlich an einen Pantoffel erinnert. Vor allem aber ist es die Größe der Blüten. Keine andere Wildorchidee in Mitteleuropa bringt größere und auffälligere Blüten hervor als der Frauenschuh. Kein Wunder, dass er seit jeher gejagt wird. Doch der Wunsch, die kostbare Schönheit im eigenen Garten zu besitzen, weicht fast immer Ernüchterung. Zu anspruchsvoll ist diese Pflanze, als dass man sie an einen beliebigen Ort versetzen könnte, mal ganz abgesehen, dass das nach Naturschutzrecht natürlich verboten ist. In einigen Gegenden ist sie durch permanentes Ausgraben fast schon erloschen. Aber auch eine nicht angepasste Forstwirtschaft schadet dem Frauenschuh. Hier sind die Förster und Waldarbeiter besonders gefragt. Die Art ist unverwechselbar und so bekannt, dass eine Beschreibung überflüssig erscheint. Interessant allenfalls, dass es sich beim Frauenschuh um einen Rhizomgeophyt handelt mit einem horizontal kriechenden Wurzelstock, der aus mehreren Gliedern besteht, die jeweils einen Trieb bilden können. Das ist auch der Grund, warum man den Frauenschuh oft büschelweise findet. Die Blätter sind unten fein behaart, so kann man auch sterile Pflanzen gut von der breitblättrigen Stendelwurz unterscheiden, mit der sie gerne zusammen vorkommt. Die Blüten sind übrigens sogenannte Kesselfallen. Die Bestäuber, Hymenopteren aus der Gattung Andrena, rutschen auf dem glatten, mit Wachs überzogenen Rand des Schuhs aus und gelangen so in den Schuh. Dort haben sie nur zwei mögliche Ausgänge, die sie unmittelbar an der Griffelsäule vorbeiführen. So nehmen sie beim Verlassen automatisch die Pollenpakete auf bzw. bestäuben die Blüte mit den Pollen, den sie von anderen Blüten mitgebracht haben. Kompliziert, aber es funktioniert. Der Frauenschuh ist in Europa weit verbreitet, besonders in der temperaten und borealen Zone, selten auch im ozeanischen Westeuropa. Auch in Asien, Kaukasien und Zentralchina kommt die Art vor. In Deutschland wächst sie vornehmlich in den Mittelgebirgen und in der montanen Höhenstufe der Alpen. Es ist ein submeridional/montan temperat boreales Florenelement. Während China das Verbreitungszentrum der Gattung Cypripedium mit einer Vielzahl weiterer Arten ist, kommen in Europa nur drei der insgesamt 40 Arten vor: Neben Cypripedium calceolus sind dies der Gesprenkelte Frauenschuh, Cypripedium guttatum und der Großblütige Frauenschuh, Cypripedium macranthon, die beide in Europa nur in Weißrussland vorkommen. In Europa ist die Art relativ einheitlich im Erscheinungsbild. In Nordamerika jedoch gibt es vom eurasiatischen Typ abweichende Rassen, die meist als Varietäten bewertet werden. Die Art wächst gerne halbschattig, in tieferen Lagen vor allem in lichten Wäldern, in höheren Lagen aber auch gerne auf offenen Wiesen und Matten bis hinauf in 2.200 Metern Meereshöhe. Der Boden sollte frisch, humos und kalkhaltig sein, sonst sucht man diese Schönheit vergeblich. Die Blütezeit reicht von Mai bis in den Juli. Erwähnenswert ist noch die relativ lange Entwicklungszeit von der Keimung zur blühenden Pflanze. So vergehen an günstigen Standorten 6-8 Jahre bis zur ersten Blüte, und in dieser langen Zeit kann leider eine Menge passieren, so dass der Frauenschuh insgesamt als gefährdet und selten eingestuft werden muss. Der Frauenschuh ist nicht nur nach deutschem Recht streng geschützt. Es ist auch eine Art des sogenannten Anhangs II der FFH-Richtlinie. Kurz zur Erläuterung: Die Europäische Kommission hat mit Zustimmung der Mitgliedstaaten der europäischen Union ein europaweites Naturschutznetz "Natura 2000" beschlossen. Die wichtigsten Teile dieses Netzes sind die Vogelschutzrichtlinie, die eine ganze Reihe von Brut- und Zugvögeln schützt, und die Flora-Fauna-Habitatrichtlinie, abgekürzt FFH-Richtlinie. Sie hat den besonderen Schutz bestimmter Lebensräume und Pflanzen- und Tierarten zum Inhalt, die in der Richtlinie in Anhängen aufgelistet sind. Zu den europaweit geschützten Pflanzen gehören auch zwei Orchideenarten, nämlich zum einen das Torf-Glanzkraut (Liparis loeselii), das bereits als Orchidee des Monats beschrieben wurde, und eben auch der Frauenschuh. Zum Schutz dieser Art wurden eigens Gebiete mit besonders guten Beständen dieser Art ausgewiesen. Der AHO unterstützt die Schutzbemühungen durch eine gezielte Kartierung der Bestände. Deshalb kann man nur raten: Hände weg vom Frauenschuh! Bestaunt ihn, fotografiert ihn, aber lasst ihn stehen und trampelt auch nicht die jungen und unscheinbaren Keimpflänzchen um. Für Hybridfreunde ist der Frauenschuh weniger interessant. Dies liegt natürlich daran, dass es in Mitteleuropa nur eine Art innerhalb dieser Gattung gibt. Nur im Überschneidungsgebiet mit Cypripedium macranthon gibt es Naturhybriden. Interessanter sind da schon die Form- und Farbvarianten, unter den Orchideenkennern heiß begehrt und meist streng geheim gehalten. So kommen selten zwei- oder dreiblütige Stängel vor (Paarfuß oder Dreifuß). Das Highlight aber sind die sogenannten "Goldschuhe", Pflanzen also, deren Blüten der rote Farbstoff fehlt. Ihre Sepalen sind entweder gelb oder zitronengrün bis grünlich. Beispiele finden Sie in unserem Archiv. Der Chromosomensatz beträgt 2n= 20 (Polen), 22 (Gardasee und Österreich). | |