ORCHIDEEN
EUROPAS
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ORCHIDEENFOTOGRAFIE
- Analog
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Unter allen Möglichkeiten, sich eine Orchideensammlung zuzulegen, ist das Zusammentragen von fotografischen Abbildern die naturverträglichste. Voraussetzung ist allerdings, dass man gewisse Grundregeln beachtet, denn auch Naturfotografen sind manchmal eine Belastung für unsere Blumen, insbesondere dann, wenn sie gehäuft auf kleinen Flächen tätig sind. (siehe Orchideen und Naturschutz). Diese Rubrik richtet sich an diejenigen Leser, die nach wie vor mit herkömmlicher, analoger Technik fotografieren, also Negativ- oder Diapositivfilme verwenden. Für die Anhänger der Digitalfotografie verweisen wir auf unsere Rubrik "Digitale Fotografie". Wer Orchideen fotografieren will, kann dies mit mehr oder weniger großem Aufwand tun. Bevor man mit dem Fotografieren beginnt, sollte man sich erst einmal darüber im klaren sein, welche Ansprüche man an seine Bilder stellt. Vorab sei gesagt, dass hier keine Diskussion geführt werden soll, ob Kleinbildformat (35 mm) oder Großformat (4,5 x 6 oder 6 x 6) besser ist. Jedes System hat Vor- und Nachteile und damit seine Berechtigung. Sehr gute, aussagekräftige Bilder sind auch mit einer guten Kleinbildausrüstung zu erzielen, für die die folgenden Zeilen geschrieben sind. Übrigens: Alle Aufnahmen in www.orchis.de bis November 2005 sind im Original Kleinbild-Diapositive, die für’s Internet mit einem handelsüblichen Scanner mit Durchlichtaufsatz mit 600 dpi Auflösung und 20%iger Kompression, ohne Bildbearbeitung oder -manipulation gescannt wurden. Noch etwas sei vorangestellt: Grundsätzlich ist es sinnvoll, neben attraktiven Makroaufnahmen von Blütenständen oder Einzelblüten auch Habitusaufnahmen der ganzen Pflanze (Blattbau und –anordnung, Wuchshöhe etc.) und auch Standortaufnahmen anzufertigen (Biotoptyp). Nur so kann man eine Pflanze ganzheitlich abbilden. In Zweifelsfällen ist sogar manchmal eine Nachbestimmung anhand der Bilder möglich. Am einfachsten ist es, nur mit einer Kamera bewaffnet auf Orchideenjagd zu gehen. Mit einem etwas schnelleren Film (100 oder 200 ASA) und einer ruhigen Hand kann man so schon ganz ordentliche Bilder schießen. Für Standortaufnahmen eignen sich Objektive mit 50 mm oder 35 mm Brennweite. In vielen Fällen ist das 35 mm Objektiv wegen des größeren Bildausschnitts die bessere Wahl, insbesondere in Kombination mit einem Kamerastandort ungefähr einen Meter über dem Boden. So kann der Hintergrund abgebildet werden und einige Objekte im Vordergrund (Pflanzenarten z.B.) sind noch gut zu identifizieren (Bild 1). Auch für Habitusaufnahmen ist die Verwendung eines Weitwinkelobjektivs, beispielsweise mit 35 mm Brennweite die beste Wahl. Ein Makroobjektiv ist hierfür nicht unbedingt nötig. Dies mag vielleicht verwundern. Tatsache ist aber, dass die Verwacklungsgefahr bei Verwendung eines solchen Objektivs viel geringer ist als beispielsweise bei 50 mm Brennweite oder gar einem Makroobjektiv mit 90 mm Brennweite. Zudem wirken die Bilder plastischer, weil die Pflanzen im Vordergrund mächtiger erscheinen. Voraussetzung ist, dass man nicht schräg von oben, sondern möglichst parallel zum Objekt (Blütenstiel) fotografiert, denn sonst wirken die Bilder unnatürlich verzerrt (stürzende Linien). Auf die Knie muss man da schon meistens gehen. Probieren sie es einfach mal aus. Sie werden überrascht sein, was man mit einem Weitwinkelobjektiv alles machen kann. Sogar für Makroaufnahmen von Blütenständen oder gar Einzelblüten kann man ein 35 mm Weitwinkelobjektiv (oder ein Normalobjektiv mit 50 mm Brennweite) einsetzen, indem man es mit Hilfe eines preiswerten Umkehrringes um 180° verdreht auf der Kamera montiert. Dann ist allerdings die automatische Blendenmessung und übertragung nicht mehr möglich. Besser, aber auch teurer ist die Verwendung eines Makroobjektivs. Erstens ist dieses speziell für Nahaufnahmen optisch korrigiert und liefert deshalb bessere Bilder, insbesondere im Randbereich. Zweitens macht es Aufnahmen bis zum Maßstab 1:1 (natürliche Größe auf dem Dia) möglich. Darüber hinaus ist eine automatische Blendenübertragung möglich, was die Arbeit sehr erleichtert. Für Pflanzenaufnahmen ist eine Brennweite von 90 oder 100 mm optimal, weil sie einen für Makroaufnahmen günstigen Abstand zwischen Objekt und Objektiv ermöglicht (Foto 2). Ohne Stativ oder Blitzgerät sind Makroaufnahmen allerdings nicht zu empfehlen. Um genügend Tiefenschärfe zu erreichen, muss nämlich stark abgeblendet werden, was automatisch die Verschlusszeiten verlängert, so dass die Verwacklungsgefahr sehr groß ist. Scharfe Bilder sind so nur selten möglich. Oft ist auch der Wind ein großes Problem. Weht er zu stark, sind Aufnahmen ohne Blitzgerät nicht mehr möglich. Deutlich bessere Ergebnisse bei Habitus- und Makroaufnahmen erzielt man bei zusätzlicher Verwendung eines guten Stativs. Dabei ist zu beachten, dass dieses Hilfsmittel nicht zu schwer sein sollte und eine Positionierung der Kamera in Bodennähe erlaubt (Foto 3). Mit einem Stativ ist nicht nur die Verwackelungsgefahr deutlich herabgesetzt. Auch die richtige Entfernung zur Pflanze, das heißt die richtige Schärfenebene ist besser einstellbar, was besonders bei Makroaufnahmen gar nicht so einfach ist. Übrigens ein Tipp: Um festzustellen, welche Bereiche im tatsächlichen Bild bei der gewählten Blendenöffnung scharf abgebildet werden (Schärfentiefe), sollte man den Abblendknopf (=Tiefenschärfekontrollknopf) benutzen, den fast alle Spiegelreflexkameras haben. Er ist ein ganz wichtiges Hilfsmittel insbesondere bei Makroaufnahmen. Für Habitusaufnahmen ist dies eine Methode mit sehr gutem Verhältnis zwischen Bildqualität und Aufwand. Die meisten Habitusaufnahmen im Bildarchiv von www.orchis.de (bis November 2005) sind auf diese Weise entstanden. Als nächsten Schritt empfiehlt sich die Verwendung eines Blitzgeräts. Dies gilt insbesondere für Makroaufnahmen, wo die Verwendung eines Blitzgeräts sehr gute Ergebnisse bei geringem Aufwand liefert. Als Nachteil, weil künstlich, wird oft der dunkle oder gar schwarze Hintergrund empfunden. Andererseits kommt durch diesen hohen Kontrast das eigentlich interessante Objekt besser zur Geltung. Insgesamt überwiegen eindeutig die Vorteile. So sind Blitzaufnahmen ohne Stativ möglich. Das künstliche Licht mit definierter Lichtqualität (Farbtemperatur) liefert farbgetreue Fotos, die auch wegen der kurzen Blitzzeit moderner Elektronenblitzgeräte von rund 1/10.000tel Sekunde gestochen scharf sind, auch bei stärkerem Wind. Wegen der vergleichsweise hohen Lichtintensität kann auf Blende 16 oder sogar 22 abgeblendet werden, was eine hohe Tiefenschärfe ergibt. Darüber hinaus kann auch Filmmaterial mit niedrigerer Empfindlichkeit verwendet werden (z.B. 64 oder 50 ASA). Je niedriger die Empfindlichkeit des Films, desto geringer das Korn, desto schärfer also das Bild. Bei Verwendung eines Blitzes kann man ohne Bedenken auch Abbildungsmaßstäbe größer als 1:1 (bis rund 3,5:1) realisieren. Hierzu kann man als preisgünstige Lösung Zwischenringe einsetzen. Besser, aber deutlich teurer ist die Verwendung eines Balgengeräts, weil damit der Abbildungsmaßstab beliebig variiert werden kann. Bei Automatik-Balgengeräten funktioniert sogar die automatische Blendenübertragung. Allerdings sollte man beim Kauf auf Qualität achten, denn der Faltauszug ist einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt. Ist er gebrochen, dringt Licht ein und das Teil ist nicht mehr zu gebrauchen. Eine bewährte Methode bei Makroaufnahmen ist die Verwendung eines fest am Objektiv montierten Ringblitzes (Foto 5). Die Ausleuchtung ist schattenlos, was mancher kritisieren mag, ein anderer wieder als positiv empfindet. Fast alle Makroaufnahmen in www.orchis.de (bis November 2005) sind so aufgenommen. Eine andere Möglichkeit ist die Verwendung eines normalen Schwenkblitzes, der allerdings bei sehr geringer Entfernung zum Objektiv manchmal zu unbefriedigender Ausleuchtung führt. Insbesondere die starken Schlagschatten stören oft. Übrigens sollte man sich nicht auf eine automatische Sensor- oder TTL-Messung verlassen. Meist sind die Objekte im Nahbereich sehr kontrastreich, denken sie beispielsweise an eine Ragwurzblüte mit hellem Perigon und dunkler Lippe. Die Automatik ist hier schlicht überfordert. Zur Feststellung der richtigen Blendenwahl bei manueller Einstellung empfehlen wir ein oder zwei Testfilme mit definierten Einstellungen durch die Kamera zu jagen, bevor man ein Blitzgerät auf Exkursion erstmals einsetzt. Zudem ist es ratsam, von jedem Objekt, das als Nahaufnahme abgebildet werden soll, eine Reihe von 3 Bildern mit jeweils einer halben Blendenöffnung Unterschied zu machen (z.B. 16, 22 und dazwischen). Für Habitusaufnahmen ist die Verwendung eines Ringblitzes oder Schwenkblitzes nicht zu empfehlen. Solche Bilder wirken künstlich, wobei insbesondere der dunkle Hintergrund stört. Auch diese Ausrüstung ist natürlich noch optimierbar. Der richtige Profi (sofern er nicht bereits auf digitale Technik umgestiegen ist) kombiniert die verschiedenen Möglichkeiten und Hilfsmittel: Er fotografiert mit schwerem Stativ, Ringblitz zur Grundausleuchtung plus aufs Objekt gerichteten Schwenkblitz für einen zusätzlichen, räumlichen Eindruck. Zusätzlich werden 1 oder 2 weitere Blitzgeräte auf Stativ zur optimalen Ausleuchtung des Hintergrundes aufgestellt (Foto 6). Pro Objekt werden Reihen mit 5 oder mehr unterschiedlichen Blendenöffnungen und Blitzkombinationen angefertigt. Eine solche Ausrüstung ist natürlich teurer und leider auch unangenehm schwer. Größere Exkursionen können so zur Qual werden, insbesondere wenn die Sonne erbarmungslos vom Himmel knallt. Die Ergebnisse entschädigen aber meist dafür. Letztlich muss jeder selber seinen persönlichen Stil finden. Wenn
man mit seinen Bildern zufrieden ist, ist die Wahl richtig. Mehr muss
nicht sein. Wenn man dann noch ein Archivierungssystem hat, bei dem
man die gesuchten Bilder auch wieder findet, ist alles paletti. Logisch
beschriftete Dia-Durchsichthüllen haben sich hier als wenig arbeitsaufwendiges,
platzsparendes und gleichzeitig vergleichsweise kostengünstiges
Verfahren bewährt. Sie enthalten jeweils 20 gerahmte Diapositive
und können themenbezogen in Leitzordnern zusammengestellt werden
und in der Durchsicht vor einer Lichtquelle im Hintergrund durchgeblättert
werden. So hat man sehr schnell eine Übersicht über die Bilder
in diesem Ordner. Computergestützte Archivierungssysteme sind natürlich
besser. Dann muss man allerdings deutlich mehr Zeit investieren, weil
die Bilder nicht nur beschriftet, sondern auch noch in den Computer
eingegeben werden müssen. Man kann sich leicht ausrechnen, was
das für ein Aufwand ist, bei einem Verschleiß von über
100 Diafilmen im Jahr. Auch hier muss jeder selber den richtigen Weg
finden. Die Übersetzer dieses Beitrags ins französische, Jacques Favre und Patrick Veya, empfehlen die Leküre des folgenden in englisch geschriebenen Buches: Closeups in Nature, John Shaw, 1987, 144 pages (ISBN 0-8174-4052-6)
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