Er hat gut angefangen,
dieser erste Orchideenurlaub in 2001. Pünktlich hebt der Flieger
ab und annähernd pünktlich landet er auch in Athen. Dann der
erste Dämpfer: Es gießt in Strömen am neuen Internationalen
Flughafen von Athen. Es wird doch nicht? Unangenehme Erinnerungen an einen
Urlaub auf Rhodos kommen auf. Damals war es zwei Wochen regnerisch und
kalt, Frühstück mit Daunenjacke und so. Aber noch ist unsere
Stimmung gut. Denn gut war auch unsere Vorbereitung. Mit einer Menge an
Funddaten im Koffer, die locker für 4 Wochen Exkursion ausgereicht
hätte, sind wir ganz heiß auf die ersten neuen Orchideenarten.
Das Wetter kann uns nicht aufhalten. Der Verkehr allerdings schon, dazu
aber später.
Nachdem wir unsere
Koffer zusammengetragen haben, machen wir uns auf den Weg zum Schalter
einer namhaften Mietwagenfirma, um den Bürokram zu erledigen und
die Schlüssel für unseren Wagen zu holen. Renault steht drauf
auf dem Schlüssel. Aber wo steht er bloß? Draußen auf
dem großen Parkplatz mit den uniformen Mietwägelchen steht
ein älteres Modell, das so gar nicht zu den ansonsten neuen Autos
passt. Drin sitzt der, der uns den Wagen übergeben soll. In Anbetracht
des miesen Wetters hat er allerdings keine große Lust, auszusteigen.
Er zeigt auf die Wagenkolonne und wir dürfen uns dann den unsrigen
selbst aussuchen. Es ist ein nagelneuer Twingo (Kilometerstand 14) in
gelb (zum Glück nicht schweinchenrosa), klein, aber durchaus für
2 Personen ausreichend (wir sind ja schlank). Mit seinen Glupschaugen
schaut er uns freundlich an als wollte er sagen: Macht kein so Gesicht,
das Leben ist doch schön und der Regen hört auch wieder auf.
Sogar unsere Koffer können hinten liegend untergebracht werden, das
würde man dem Winzling gar nicht zutrauen. Nachdem wir endlich dahinter
gekommen sind, wie man den Tageskilometer auf 0 stellt, fahren wir los,
bei strömendem Regen Richtung Korinth, dem ersten Reiseziel entgegen.
Ja, wenn das so einfach
wäre. Der neue Flughafen ist zwar annähernd fertig, auch die
Autobahn dorthin, für Hinweisschilder hat es allerdings noch nicht
gereicht. Erschwerend kommt hinzu, dass auf unserer Karte der neue Flughafen
noch gar nicht eingezeichnet ist, wir also nicht mal wissen, wo wir sind.
Es bleibt nur die Wahl, der Beschilderung Richtung Athen zu folgen. So
fahren, oder besser irren wir in der Gegend herum auf mehr oder weniger
schlechten Straßen, fahren, oder besser tauchen durch Pfützen,
denen man nicht ansieht, ob unser Wägelchen gleich ganz drin versinken
würde. Funktionierende Kanalisation? Fehlanzeige. Meterweit spritzt
das Wasser auf die Seite, aber zum Glück ist bei diesem Sauwetter
kaum jemand zu Fuß unterwegs, sonst hätte er eine erfrischende
Schmutzwasserdusche bekommen, ganz kostenlos.
Überhaupt ist
es sehr ruhig in der Millionenstadt. Es scheint, die Athener haben sich
an diesem Samstag alle in ihren Wohnungen verkrochen aus Angst vor dem
Wasser. Hoffentlich fällt der Scheibenwischer nicht aus, der Wagen
hat nämlich nur einen. Überhaupt hoffen wir, dass das viele
Wasser den Motor nicht lahm legt. Jetzt eine Panne, das würde gerade
noch fehlen. Mehr als eine Stunde kurven wir orientierungslos in Athen
herum. Plötzlich stehen wir mitten vor den Großen Schiffen
in Piräus. Da wollten wir allerdings ganz bestimmt nicht hin. Also
wieder zurück. Die griechischen Erläuterungen eines Passanten,
den wir in unserer Hilflosigkeit fragen, helfen auch nicht weiter, trotz
der vielen Hand- und Fußbewegungen wohl in die Richtung, wo irgendwo
Korinth liegt, wahrscheinlich.
1834, als der Regierungssitz
von Nauplia hierher verlegt wurde, hatte Athen noch ganze 4.000 Einwohner
und etwas 300 Häuser. Kaum zu glauben, wenn man das hier und heute
sieht. Nelles-Reiseführer schreibt, etwas geschwollen allerdings,
über Athen: "Das Nebeneinander von Alt und Jung verleiht der
Stadt ihr einzigartiges Flair: Einerseits verweist sie stolz darauf, der
Ursprungsort aller europäischen Hochkulturen zu sein, was die großartigen
Ruinen der Akropolis belegen; andererseits hat sie eine jugendliche Dynamik,
die in ihrer jetzigen Inkarnation erst etwa 150 Jahre existiert".
Wir sind schon so
weit, dass wir uns überlegen, ein Taxi zu ordern, das uns dann aus
diesem Schlamassel herauslotsen soll. Aber dann siegt doch der Stolz.
Es wäre das erste mal, dass wir nicht mit eigener Kraft dorthin kommen
würden, wo wir wollen, und wo sind wir schon überall gewesen.
Also fragen wir an jeder Tankstelle nach dem Weg. Und davon gibt es in
ganz Griechenland wirklich mehr als genug. Es dauert noch eine weitere
halbe Stunde, bis wir endlich auf der Ausfallstraße Richtung Peloponnes
sind. Gott sei Dank! Viel versäumt haben wir durch unsere Irrfahrt
ja nicht, bei strömendem Regen hätten wir ohnehin keine Blumen
fotografieren können. Gemütlicher überbrückt hätten
wir aber den Regen bei einer Tasse griechischem Kaffee. Der Ärger
ist aber noch nicht vorbei. Denn zu unserer Überraschung herrscht
auf der Hauptverbindungsstraße Richtung Peloponnes starker Reiseverkehr.
Da stecken also die ganzen Athener, die wir in der Stadt schon vermisst
haben. Zudem wird die Strecke gerade vierspurig ausgebaut. Immer wieder
stockt es und wir stehen im Stau. Dafür bessert sich das Wetter rapide.
Schon ist die Sonne da und nach einer halben Stunde erinnern nur noch
die Pfützen am Straßenrand an die zurückliegende Sintflut.
Langsam werden wir ungeduldig. Wo sind die ersten Orchideen??
Aber
sachte. Wir hatten beschlossen, während dieses Urlaubs nicht ausschließlich
nach Orchideen zu suchen, sondern auch einige der einmaligen kulturhistorischen
Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Man kann unmöglich 2 Wochen
durch Griechenland fahren, ohne wenigstens einige der Highlights wie Delphi,
das sagenhafte Mykene, Olympia oder Mistras zu besuchen. So halten wir
als erstes am Kanal von Korinth und blicken fast ängstlich, zumindest
aber tief beeindruckt ob der technischen Meisterleistung, die der Bau
damals war, in die bodenlose Tiefe. Die Landbrücke zwischen dem griechischen
Festland und dem Peloponnes ist nur knapp 10 Kilometer breit. Schon in
der Antike hat man versucht, diese schmalste Stelle mit Schiffen zu überwinden.
Damals hatte man noch nicht die technischen Möglichkeiten, einen
Kanal von solchen Ausmaßen zu bauen. Also hat man die Schiffe über
Holzstämme auf dem Landweg über die Meerenge gezogen. Eine unvorstellbare
Schinderei. Dann wurde der Kanal gegraben, 60 Meter tief. 1893 war er
fertig. Allseits von Wasser umgeben, müsste man den Peloponnes eigentlich
als Insel betrachten. Natürlich spähen wir mit wenigstens einem
Auge auch nach Orchideen, die wir im eingezäunten Gelände links
und rechts des Kanals vermuten. Wir entdecken allerdings nichts. Es scheint
sehr trocken zu sein, so der erste Eindruck.
Die
Insel des Pelops, was Peloponnes übersetzt heißt, ist landschaftlich
besonders vielfältig. Dies liegt insbesondere daran, dass diese Insel,
wie Griechenland insgesamt, ein Land der Berge ist. Die höchste Erhebung
ist der Olymp bei mit fast 3.000 Metern und auch auf dem Peloponnes erreichen
eine ganze Reihe Berge mehr als 2.000 Höhenmeter. Die Peloponnes
gliedert sich in die 7 Regierungsbezirke Korinthia, Argolis, Arkadien,
Lakonien, Messinien, Elis und Achaia. Sie entsprechen weitgehend den antiken
Landschaften in ihren natürlichen Grenzen. Der Peloponnes umfasst
eine Fläche von rund 21.440 km². Die größte Breite
beträgt 160, die Länge 190 Kilometer. Die Insel bleibt damit
überschaubar.
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