ORCHIDEEN EUROPAS

Exkursionsberichte
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Griechenland -

Im Land der Götter

Teil II - Erste Entdeckungen

vom 14. bis 27. April 2001

Dr. Helmuth Zelesny, Börtlingen

 

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Dann machen wir uns auf den Weg zum ersten Orchideenplätzchen. Ophrys delphinensis kommt vor allem an den Nordhängen des nördlichen Küstengebirges vor. Die Art blüht verhältnismäßig spät, so um den 20. April. Da es auf dem Weg nach Süden kein großer Umweg ist, wollen wir zum östlichsten der uns bekannten Fundorte fahren und nachsehen, wie weit entwickelt die Art ist. Daraus lassen sich dann Schlüsse auf die allgemeine Entwicklung der Orchideen in diesem Jahr ziehen, so dass wir unsere Routenplanung entsprechend anpassen können.

 

 

 

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Diesmal haben wir übrigens erstmals ein technisches Hilfsmittel dabei, das sich bei Orchideenfreunden zunehmender Beliebtheit erfreut, einen sogenannten GPS-Empfänger. Mit einem solchen Teil ist es möglich, die genaue Position und Höhe des Standortes, wo man sich gerade befindet, festzustellen. Außerdem kann man die Koordinaten bekannter Fundorte eingeben und sich vom Gerät dann genau zu diesen Punkten im Gelände führen lassen, ein unschätzbarer Vorteil, vorausgesetzt es funktioniert und man hat korrekte Daten. Nachdem 2000 die Störfrequenz abgeschaltet wurde, sind die Messungen jetzt sehr genau. Bei freiem Himmel liegt die Messgenauigkeit bei 5-8 Metern. Dies ist für unsere Zwecke mehr als ausreichend. Dazu sind die Geräte jetzt sehr handlich und preiswert geworden. Nicht größer als ein modernes Handy ist unser Garmin etrex 12-Kanalgerät, und dazu noch leicht zu bedienen. Und 130 € für die einfachste Ausführung sollte einem die Sache schon wert sein. Nur Batterien frisst es wie nicht recht. Und ein weiterer Nachteil kommt hinzu: Die Angaben sind so genau, und es war noch nie so leicht, einen ganz bestimmten Punkt zu finden, dass man sich gut überlegen muss, wem man die Daten gibt. Leider gibt es immer noch Orchideenjäger, die nicht mit der Kamera, sondern mit dem Spaten unterwegs sind. Es versteht sich von selbst, dass solche Angaben im Internet nichts zu suchen haben.

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Die Straße führt steil, teilweise in Kehren bergauf. Da entdecken wir vom Auto aus unsere erste Orchidee. Jetzt heißt es Kleiderwechsel, denn die Erfahrung hat gezeigt: Bevor man einen Schritt ins Gelände macht, sollte man die Geländehosen anhaben. Zu viele schöne Teile hatten wir uns schon unweigerlich ruiniert, weil man "nur mal kurz" nachschauen wollte und dann doch auf den Knien rumgerutscht ist. Und dann geht es wieder los, das muntere Rätselraten, wie jedes Jahr zu Beginn einer Reise in eine unbekannte Gegend. Ist das nun eine Ophrys mammosa oder nicht? Die Blüten der insgesamt 3, ansonsten stattlichen und keineswegs kümmerlichen Pflanzen sind auffallend klein und irgendwie auch anders. So sind die Höcker beispielsweise deutlich behaart. Zwar finden wir etwas weiter oben in der Böschung noch ein etwas großblütigeres Exemplar, das schon eher an Ophrys mammosa erinnert. Dennoch bleiben erhebliche Zweifel. Nein, eine Ophrys mammosa sollte das nicht sein. Benutzt man den Schlüssel der mammosa-Gruppe bei Delforge, kommt man auf Ophrys grammica. Kann das sein?? Weil wir schon mal angehalten haben, sehen wir uns auch oberhalb der Böschung etwas näher um. Dort hat es letztes Jahr gebrannt und die verkohlten Stümpfe der Zistrosen verzieren unsere Hosen in wenigen Sekunden mit einem interessanten schwarzen Strich- und Punktmuster. Haben wir es nicht gesagt? Dann entdecken wir zu unserer Überraschung eine blühende Orchis purpurea. Diese Art ist selten in den Orchideenreiseberichten über Griechenland zu finden, und aus dieser Gegend haben wir gar keine Fundmeldung. Auch einige Barlia robertiana stehen herum. Das lässt sich also gut an.

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Wir fahren weiter und uns beschleicht ein ungutes Gefühl. Die ganze Bergflanke ist im letzten Jahr einem riesigen Waldbrand zum Opfer gefallen. Kaum ein grüner Strauch oder Baum ist übrig geblieben. Jetzt erinnere ich mich wieder vage an entsprechende Berichte im deutschen Fernsehen. Einige Kilometer weiter entdecken wir kurz vor einer scharfen Rechtskurve eine kleine Wiese, um die herum es noch grün ist. Offensichtlich hat das Feuer, aus welchen Gründen auch immer, dieses Fleckchen Erde einschließlich einiger großer Eschen verschont. Grund genug, uns hier etwas umzusehen. Und wieder mal haben wir einen guten Riecher. Tausende Ragwurzpflanzen stehen in Blüte, darunter auch die von uns gesuchte Ophrys delphinensis, die gerade aufzublühen beginnt. Schon hier wird deutlich, dass es diese Art tatsächlich hybridogenen Ursprungs ist. Die Eltern sind Ophrys argolica und Ophrys oestrifera. Auch Übergangsformen zwischen Ophrys spruneri und Ophrys mammosa sind darunter. Überraschenderweise finden wir auch einige Ophrys oestrifera, die wir als "normal" ansprechen. Dann aber finden wir im oberen Bereich einige stattliche Schnepfen, die gerade aufzublühen beginnen, aber viel kleinere Blüten und sehr lange und dünne Hörner auf den Höckern tragen. So kleinblütige Schnepfen hatten wir bislang noch nirgends gesehen. Sind das zwei verschiedene Sachen? Wir finden an diesem Standort insgesamt 11 Arten und eine Übergangsform: Orchis quadripunctata (zerstreut, blühend-verblühend), Ophrys spruneri (häufig, blühend, incl. triloba), Ophrys mammosa (vereinzelt, blühend-verblühend), Ophrys oestrifera (vereinzelt, blühend-aufblühend), Ophrys oestrifera kleinblütig (wenige, knospend-aufblühend), Ophrys delphinensis (zerstreut, knospig-aufblühend), Orchis italica (wenige, blühend), Barlia robertiana (wenige, verblühend-verblüht), Ophrys sicula (wenige, verblühend), Ophrys fusca mittelgroß (wenige, blühend), Ophrys fusca (wenige, verblüht), Ophrys spruneri x Ophrys mammosa (vereinzelt, blühend).

 

 

 

 

 

 

 

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Eigentlich wollten wir durch die Berge nach Südosten weiterfahren. Bloß welcher Weg ist der richtige? Wir sind überzeugt, uns gnadenlos zu verzetteln, sollten wir hier weiterfahren. Also kehren wir um, fahren wieder auf der Schnellstraße nach Osten Richtung Korinth. An der Küste geht's weiter 'gen Süden, wo wir wahrscheinlich bei Elenis nach 286 Kilometern Fahrtstrecke ein ordentliches Hotel direkt am Meer finden. 12.000 Drachmen, umgerechnet rund 85,- DM, für 2 Personen incl. Frühstück geht in Ordnung. Sea view ist auch ein ganz treffender Name, denn eine schöne, malerische Bucht liegt direkt hinter dem Hotel. Abendessen finden wir gleich gegenüber. Der Wirt führt uns in die Küche und hebt alle Deckel, damit wir auch sehen, was er zu bieten hat. Wir dachten, dass es so was heutzutage gar nicht mehr gibt. Robert nimmt die Böhnchen, ich versuche Artischocken mit Kartoffeln in Öl, oder treffender Öl mit Artischocken und Kartoffeln. Wer unsere letzten Reiseberichte gelesen hat, weiß, was es dazu gibt: Einen Liter Roten vom Fass. In der Karaffe. Mit weniger geben wir uns längst nicht mehr zufrieden am Ende eines erfolgreichen (oder auch nicht) Tages.
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